Hier schraubt unser Nachwuchs

Vor etwa 14 Jahren - damals war ich gerade zwei Jahre alt – erschien in einer Automobil-Zeitschrift ein Artikel über einen Schrottplatz in Marburg a. d. Lahn. In diesem Bericht wurde auch ein dort abgestellter GLAS 1700 erwähnt. Diesen Artikel las Thomas Schneider, der daraufhin recherchierte und den Wagen vom Schrotthändler erwarb.
Jahre später ging dieser GLAS in den Besitz meines Vaters über, von dem ich ihn im Jahr 2010 geschenkt bekam.
Die 1700er Limousine mit der späten Fahrgestell-Nr. 1120621117 wurde am 11. Juli 1968 auf ein Autohaus zugelassen und niemals an einen Kunden verkauft. Er war offensichtlich ein Ladenhüter... - warum nur? Die (damals) endgültige Stilllegung erfolgte am 21. Juni 1979.
Ich möchte den Wagen als BMW-GLAS, so wie er ausgeliefert wurde, wieder herrichten – mit dem BMW-Emblem auf der Kofferklappe und den BMW-Radkappen.

Die längere Suche nach brauchbaren Kotflügeln führte schließlich bei Helmut Riemer zum Erfolg. Von ihm kaufte ich ein Kotflügelpaar, das wesentlich mehr Substanz bot, als das an meinem Wagen. Neue Originalkotflügel, die mein Vater noch aus dem Fundus von Karl Jungmayer hatte, dienten als Muster zur Anfertigung von Schablonen aus Pappe und Werkzeugen aus Holz, um Bleche anzufertigen, welche in den gebrauchten Kotflügeln eingesetzt werden mussten.

Die rostigen Stellen wurden herausgeschnitten                      Über Holzformen wurden neue Bleche geklopft

Auf den selbst gebauten Holzwerkzeugen haben wir dann die neuen Bleche geformt, gedrückt und getrieben. Immer wieder haben wir mit dem Maßband und Schablonen alle vom Neuteil abgenommenen Maße, Radien und Umkantungen geprüft und - wenn nötig - auch korrigiert. Die fertigen Bleche hat mein Opa dann eingeschweißt.
Besonders aufwändig war die Anfertigung der Kotflügelvorderkanten, dort wo der Lampentopf eingesetzt wird. Hier mussten wir auf exakte Passgenauigkeit mit den Scheinwerferzierringen achten. Auch hierfür haben wir eine Holzform nach den Neuteilen angefertigt.

Sehr sorgfältig wurden die Bleche angefertigt...                     ...und eingepasst

Nun habe ich wieder zwei schöne Kotflügel, an denen alles stimmt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Mein Vater hatte noch einen neuen oberen Frontsteg, an dem die Scharniere der Motorhaube verschraubt sind, sowie einen guten Mittelsteg, an dem lediglich an beiden Seiten die Endstücken ersetzt werden mussten. Form und Länge konnten wir diesmal an der Limousine meines Vaters abnehmen.

Aufwändig war die Anfertigung der Kotflügelvorderkanten                     Genaue Passform war hier notwendig

Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Nachdem wir die beiden Vorderkotflügel repariert hatten, konnten wir den Wagen in die Werkstatt bringen, wo die restlichen Schweißarbeiten durchgeführt wurden.

Zwischenzeitlich beschreibe ich hier die weiteren Montagearbeiten.
Als ich mit meinem Vater den Motor komplett zerlegt hatte, habe ich alle Einzelteile in einer Wanne mit Waschbenzin und Pinsel gründlich gereinigt. Der Motorblock wurde nach dem Waschen gründlich mit der Drahtbürste bearbeitet, bis alle Schmutz- und Rostrückstände beseitigt waren.

 

 


Den Motorblock und den Zylinderkopf hat mein Vater dann mit mir zu einer Zylinderschleiferei gebracht. Dort wurden alle Zylinder mit dem Hongerät geschliffen. Die Pleuel- und Hauptlager konnten belassen werden.

Auch der Zylinderkopf wurde dort bearbeitet. Die Ventilsitzringe wurden mittels einer Ventilsitzfräse auf einen Korrekturwinkel gebracht. Die Ventile selbst wurden entsprechend diesem Winkel dann abgedreht. Anschließend konnten wir dann den Zylinderkopf wieder zusammenbauen, natürlich mit neuen Ventilschaftabdichtungen.

Hohnen der Zylinder                  Fräsen der Ventilsitze

Die Kolben bekamen neue Kolbenringe. Nun konnte der Zusammenbau des Motors durchgeführt werden.

                        Einbau neue Kolbenringe                  Einbau der Kolben         

Doch vorher bekam der nun penibel gereinigte Motorblock noch einen Anstrich – den Farbton den alle Vierzylindermotoren bei meinem Vater bekommen.
Alle Montagearbeiten machte ich mit meinem Vater zusammen, der mir vieles hierbei zeigte und erklärte. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man alle Einzelteile dieses interessanten Motors kennt und in den Händen hatte und ihn dann später zum Laufen bringt. Ich glaube das macht auch mit das Oldtimerhobby aus.

Mit den Blecharbeiten geht es vorwärts                  Der Innenkotflügel ist ganz schön rostig

Die Karosseriearbeiten gehen zwischenzeitlich auch voran.
Ich habe noch immer das Ziel, am Jahrestreffen 2013 in Ottobeuren mit meiner eigenen Limousine teilzunehmen. Für mich ist das ein besonderes Treffen – 50 Jahre nach Vorstellung der Frua Limousine soll meine eigene fertig sein.

        


Der Motor wurde nun auf einem hölzernen Montagegestell endmontiert (siehe Foto). Abweichend vom Auslieferungszustand habe ich den Auspuffkrümmer mit einem Hochtemperaturlack in weiß und den Ventildeckel mit schwarzem Schrumpflack lackiert. Mir gefällt es, da es die sportliche Note der Limousine betont.

Außerdem habe ich den Wagen auf 12 Volt Bordspannung umgerüstet. Die Drehstromlichtmaschine stammt vom BMW E 30. Hierzu haben wir eine massive und leicht nachstellbare LIMA-Halterung konstruiert.

Der Motor erhielt die Zwei-Vergaser-Anlage des TS, die es zwar beim BMW-GLAS nicht mehr gab, aber diese macht - wie auch andere kleine Änderungen - das Auto noch sportlicher.

 Der frisch revidierte Motor                     Nach dem Lackieren...

Die Karosseriearbeiten waren leider sehr viel aufwändiger als anfangs vermutet. Nach Abnahme der alten Kotflügel offenbarte sich das Grauen der braunen Pest an den A-Säulen. Beide mussten komplett erneuert werden. Auch an den hinteren Seitenteilen und am Heck gab es viel mehr Arbeit als vermutet.

Der einstmals verunfallte Bug ist wieder sehr schön geworden, die Scheinwerferzierringe passen exakt. Helmut Riemers alte Kotflügel, ohne die der Vorderwagen wahrscheinlich nicht mehr so schön geworden wäre, haben somit ein zweites Leben an meiner Limousine erhalten.

Auch beim Farbton entschied ich mich gegen die silbergraue Originalfarbe und wählte die GLAS-Farbe „rubinrot 427“. Mit meiner Entscheidung bin ich sehr zufrieden, schließlich möchte ich meine Wunschlimousine so, wie sie mir gefällt: Rubinrot mit 100 PS und mit Schrumpflack lackiertem Ventildeckel.

Die Teppiche habe ich sehr zum Ärger meiner Mutter Zuhause in der Badewanne gewaschen. Die Seitenverkleidungen wurden ebenfalls in der Badewanne gereinigt. Diese sehen jetzt wieder aus wie neu.                 

Viele fleissige Hände helfen... Faszinierend finde ich, dass aus dem einstigen Wrack, welches eine halbe Ewigkeit in meines Vaters Scheune unter einer dicken schwarzen Staubschicht bedeckt ein trauriger Anblick war, wieder eine schöne Frua-Limousine geworden ist.
Heute weiß ich, wie viel Arbeit, Zeit und Geld und vor allem auch Enthusiasmus dazugehörte, den GLAS so herzurichten, wie er jetzt dasteht. Aus dem ehemaligen Wrack ist ein schöner Wagen geworden.   ...dass der Wagen fertig wird.