Eine Chronik

Am 12. Juni 1958 - es war der Geburtstag des Firmengründers Hans Glas - lief das erste Serienmodell vom Großen Goggomobil vom Band. Seit der Vorstellung des nichtfahrbereiten Prototyps auf der IAA 1957 waren gerade neun Monate vergangen. Diese Zeit zwischen Vorstellung und Beginn der Serienproduktion war ausgefüllt mit umfangreichen Umkonstruktionen und Fahrversuchen.
Leider wurden die ersten Wagen in einem noch nicht abgeschlossenen Entwicklungsstadium an die Kunden ausgeliefert. Nach Jahren kostenintensiver Rückschläge und ständiger Verbesserungen lief 1965 das letzte Exemplar als GLAS Isar vom Band. Jetzt endlich hatte er die Reife, die man von Anfang an erwartet hatte.
Doch offensichtlich war seine Zeit abgelaufen, die Kunden wollten ihn nicht mehr. Sie verlangten jetzt nach Wagen, die eine Klasse höher angesiedelt waren.

Hans Glas: "Wer nie verließ der Vorsicht enge Kreise, der war nie töricht, aber auch nicht weise." (Zitat im Spiegel Nr. 21/57)

Mitte bis Ende der 50er Jahre - es war die Zeit, die damals so treffend mit "Wirtschaftswunder" beschrieben wurde - erfüllten das kleine Goggomobil, die Isetta, der Messerschmitt, Maico oder Kleinschnittger, das Fuldamobil oder der Heinkel längst nicht mehr die gestiegenen Ansprüche. Das waren sogenannte Rollermobile, die noch in den automobilen Kinderschuhen steckten und zu sehr an die Anfänge der Motorisierung erinnerten. Man verdiente wieder gut und die meisten wollten sich nun nicht mehr mit der Devise "Hauptsache ein Dach über dem Kopf" zufrieden geben.
Der Schritt zum Volkswagen war allerdings für viele, die sich bisher nur einen "besseren fahrbaren Wetterschutz" hatten leisten können, noch etwas zu groß. Für sie blieben die günstigeren Kosten (Steuern, Versicherung und Benzinverbrauch) ein gewichtiges Kaufargument für ein Fahrzeug der 600 ccm-Klasse.
Hans Glas hatte die Zeichen der Zeit richtig erkannt. In der über den einfachen Rollermobilen entstehenden neuen Fahrzeugklasse waren Zuwachsraten im zweistelligen Prozentbereich zu erwarten. Ein größeres Goggomobil musste also her, denn Glas wollte den sich abzeichnenden Boom nicht allein der Konkurrenz überlassen. Das Selbstvertrauen der Dingolfinger war groß und Erfahrungen im Bau von Automobilen glaubte man genügend gesammelt zu haben. Immerhin hatte man es in den vergangenen Jahren geschafft, sich durch intelligente Entwicklungen und sensationelle Verkaufserfolge in der Automobilbranche Respekt zu verschaffen. Weshalb also sollte man nicht konstruktives Neuland betreten?
So wurde in wenigen Monaten ein völlig neues Fahrzeug auf die Räder gestellt, welches weder technisch noch stilistisch Gemeinsamkeiten mit den bisherigen Goggomobilen aufwies.

Das "Große Goggomobil" war ein: (Zitat: kleinwagen) "Stern am Himmel der neuen 600er Klasse!"

1957, es war auf der IAA, schlug das "Große Goggomobil" wie eine Bombe ein. Mit dieser Neuvorstellung hatte niemand gerechnet. "Der freche Fußtritt gegen das Schienbein der Konkurrenten" (Zitat: auto, motor & sport) ließ die etablierten Mitbewerber plötzlich alt aussehen und die Herzen der potentiellen Kunden höher schlagen.So stand er auf der IAA
Für damalige Verhältnisse bot der Wagen ausreichend Platz für vier Erwachsene, vorne gab es eine durchgehende Sitzbank und die Kofferraumgröße lag über dem Durchschnitt.
Das neue Goggomobil bestach durch eine für diese Klasse ungewöhnliche Karosserie, die dem amerikanischen Modetrend folgte. (Hans Glas war Liebhaber amerikanischer Automobile.) Offensichtlich hatte man sich beim Entwurf an der Form des Buick Century von 1956 orientiert. Genau wie dieser hatte das Große Goggomobil eine Panoramascheibe und die schwungvoll ins Blech gepresste seitliche Sicke, die eine bis dahin einmalige Zweifarblackierung (dreifach abgesetzt) ermöglichte. Weißwandreifen vervollständigten das erfreuliche Erscheinungsbild.
Diese typischen äußeren Merkmale machten ihn unter seinen Konkurrenten unverwechselbar. Die Fahrer konnten sich an der serienmäßigen Lichthupe und an einem automatisch in die Ausgangslage zurückkehrenden Scheibenwischer und Blinker erfreuen. Auch die Kurbelfenster waren damals in dieser Klasse noch keine Selbstverständlichkeit. Die vorn angeschlagene Motorhaube oder das Lenkrad mit versenkter Nabe waren der Nachweis, dass man sich auch über die passive Sicherheit Gedanken gemacht hatte. Der vorn eingebaute luftgekühlte Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor mit 600 ccm und 25 PS sollte die Vorderräder antreiben. Für seine Konstruktion zeichnete der von BMW gekommene Techniker Leonhard Ischinger verantwortlich.
Dieses Goggomobil war nun eine ernstzunehmende Alternative zum Lloyd 600 oder zum NSU/FIAT Jagst, die schon länger auf dem Markt waren. Zusammen mit dem ebenfalls vorgestellten NSU Prinz und dem BMW 600 bildeten sie die in den folgenden Jahren so erfolgreiche neue Kleinwagenklasse.


 

Der Start der Serie

1958 kam die Stunde der Wahrheit. Potenzielle Kunden liefen den Händlern die Bude ein. Aber sie mussten vertröstet werden. Es gab nur spärliche vage Informationen mit dem Hinweis, das Warten würde sich lohnen. Die Händler forderten mit Nachdruck die baldige Auslieferung, um endlich das Aufstiegsmodell anbieten zu können.
Im Werk war man in Zeitnot, denn man hatte beschlossen, den Wagen so wie er vorgestellt wurde, nicht in Serie gehen zu lassen. Es wurde gesagt (und auch geschrieben), dass die Lage des Motors vor der Vorderachse mit dem geplanten Frontantrieb eine ungünstige Achslastverteilung mit sich gebracht hätte. Eine abenteuerliche Straßenlage wäre die Folge gewesen. Insider bezweifeln den Wahrheitsgehalt, denn das sei technisch nicht begründbar.
Da der gezeigte Prototyp nicht fahrbereit war und sowieso erst noch fertig konstruiert werden musste, ist es eher wahrscheinlich, dass sich Glas und Dompert in Gesprächen auf der IAA davon überzeugen ließen, wenn schon, denn schon, gleich ein „richtiges Auto" mit Standardantrieb, Motor vorn – Antrieb hinten, zu konstruieren. Diese Version kennt der Enkel des Firmenchefs von seinem Onkel.
Die Konstruktionsabteilung war nun gefragt. In Nachtschichten konstruierte sie um und änderte und änderte: das Große Goggomobil erhielt also Hinterradantrieb und war damit der einzige Kleinwagen seiner Zeit, der sich rühmen konnte, ein Antriebskonzept wie die weit teurere Mittelklasse zu haben. Es wurde ein Vollsynchron-Getriebe von Getrag eingesetzt, dessen Radsatzaufbau mit Abtriebskonstante das „kopfstehende" Schaltbild zur Folge hatte.
Auch äußerlich hatte man einiges verändert: die Fensterholme wurden schmaler als beim Urmodell, der Kühlergrill wurde flacher gestaltet und umfasste jetzt die beiden Blinker. Die Rückleuchten wurden vergrößert. Da das Reserverad über dem tief liegenden Motor Platz fand, stand den Insassen ein Kofferraum von mehr als 300 Liter Fassungsvermögen zur Verfügung.
Das für damals sehr moderne ArmaturenbrettIm Innenraum gab es ebenfalls etliche Änderungen: Breite Armlehnen verkleideten die hinteren Radkästen und das ursprünglich vom Goggo Coupé für den Prototyp übernommene Tachometer wich einem Breitbandtacho, dessen leichte Überdachung eine Spiegelung in der Frontscheibe vermeiden sollte. In dieser Tacho-Einheit waren moderne Tastenschalter für Licht und Scheibenwischer integriert. (Die Idee, Drucktasten statt hervorstehender Zug- oder Drehknöpfe zu verwenden, wurde später auch von anderen Firmen übernommen.)
Als man nach fieberhaften Arbeiten an den verschiedenen Versuchswagen schließlich glaubte, die in die Neukonstruktion gesetzten Erwartungen erfüllen zu können, brachte man im Sommer 1958 ein "Zwillingspärchen" auf den Markt (nun jeweils 100 kg schwerer als ursprünglich geplant): das "Goggomobil T 600" (20 PS, 100 km/h) und "T 700" (30 PS, 110 km/h). Die Preise waren günstig: 4.330 DM (T 600) bzw. 4.470 DM (T 700), jeweils inclusive Heizung - was damals durchaus keine Selbstverständlichkeit war.
Die Verkaufszahlen in den ersten Monaten waren vielversprechend. Bis zum Jahresende 1958 wurden 6.740 Wagen ausgeliefert. Im folgenden Jahr stieg dann die Jahresproduktion sogar auf knapp 25.000 - eine Zahl, die danach nie mehr erreicht wurde.

Leider war nicht alles Gold was glänzte!

Es hatte sich herumgesprochen, dass dieses Goggomobil zu früh auf den Markt gelassen wurde. Es war bei weitem nicht so zuverlässig und gut verarbeitet wie seine kleineren Brüder. Die ersten Käufer fühlten sich wie der verlängerte Arm der Testabteilung von Dingolfing.
Die zwei Vergaser, bei deren Einstellung viele Werkstätten überfordert waren, verursachten einen Benzinverbrauch von mehr als 10 L/100 km. Doch das war wohl noch das kleinere Übel. Die Mängelliste war umfangreich: bei zu großer Hitze verformte sich das Motorgehäuse und ein Motorschaden war vorprogrammiert. Und bei scharfen Kurvenfahrten konnte es vorkommen, das die Ölkontrollleuchte auf mangelnde Ölversorgung hinweisen musste. Außerdem machte die vordere Radaufhängung Schwierigkeiten (hoher Reifenverschleiß). Obwohl die Karosserie verwindungssteif genug war, entstanden an der B-Säule Lackrisse. (Nachfederung beim Zuschlagen der Tür). Der kleine Radius in den Ecken der Frontscheibe bereitete ein weiteres Problem: nach Regen stand der Innenraum unter Wasser.
Das Werk zeigte sich den sich getäuscht fühlenden Fahrern gegenüber aber sehr kulant und reagierte. Der Werkskundendienst hatte alle Hände voll zu tun. Ich kann mich daran erinnern, dass die Wagen in Extremfällen stillschweigend zurückgenommen wurden.
Im Hause GLAS hing der Firmensegen schief. Man arbeitete fieberhaft und versuchte die "Kinderkrankheiten" in den Griff zu bekommen und die Konstruktionsmängel zu beheben.

Und es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen! Kombi und S 35 machten auf die Fortschritte aufmerksam.

1959, auf der IAA, war es offensichtlich soweit. Man präsentierte ein gründlich überarbeitetes Modell, bei dem die Mängel an Karosserie und Motor beseitigt waren. Die vordere Radaufhängung war komplett umkonstruiert und das Blechteil der B-Säule verstärkt worden. Ein voluminöseres Scheibengummi und viel Abdichtungsmaterial lösten das Problem des Wassereinbruchs. Um den Benzinverbrauch zu senken, wurden die zwei Bing-Vergaser durch einen Solex-Fallstromvergaser ersetzt. Auch die Kupplung war nun endlich leichter zu betätigen.
Die Fortschritte der Entwicklungsarbeiten am "Sorgenkind" waren nicht zu übersehen und ab sofort sollte nichts mehr an den missglückten Serienstart erinnern. das Große Goggomobil wurde umgetauft auf "Goggomobil Isar". Weil man aber erkennen musste, dass die aufstrebende Kundschaft "Goggomobil" weiterhin mit dem knatternden Minimobil verband, trat dieser Name immer mehr in den Hintergrund.
Der Goggo-Schriftzug am Kotflügel wurde durch "Isar" ersetzt. Diese Schrift war so in die Länge gezogen, bis ihre Befestigungspunkte mit den alten identisch waren. Nur das geflügelte "G" auf der Motorhaube blieb erhalten. Um den Verkauf noch mehr anzukurbeln, wurden die Preise (nun ohne Heizung) um 340 DM gesenkt. So blieb man unter der verkaufspsychologisch so wichtigen 4.000 DM-Grenze.
Der Kombi - natürlich auch zweifarbigAußerdem wurde auf der IAA 59 die Modellfamilie um einen Kombi, den K 600 bzw. K 700, erweitert. Er war um 240 DM teurer als die vergleichbare Limousine. Sein verlängertes Dach verlieh ihm im Vergleich zur Limousine ein harmonischeres Aussehen und die hinteren Mitfahrer profitierten nun von mehr Kopffreiheit.
Für das Kleingewerbe gab es ihn als Lieferwagen ohne Rücksitze und hintere Seitenscheiben. Auch ein Notarztwagen mit einfahrbarer Trage wurde konzipiert (aber nie in Serie gebaut). Außerdem konnte der Kombi für 50 DM Preisnachlass in einer grundierten Ausführung bestellt werden. Der Dreitürer hatte eine nach oben schwingende Heckklappe, die nach dem Umlegen der Rückbank einen ebenen ca 1000 Liter großen Laderaum freigab. Seine konkurrenzlos hohe Nutzlast betrug 460 kg. Der Kombi war von Anfang an lieferbar und für seine Zeit sehr erfolgreich. Bis 1965 betrug sein Anteil an der Gesamtproduktion 16,3 %. In den letzten zwei Jahren lag er sogar bei knapp 45 %.
Der S 35 ging nie in SerieUm die Öffentlichkeit auf die vielen erfolgten Verbesserungen aufmerksam zu machen, präsentierte man gleichzeitig ein Coupé auf der vom 700er übernommenen aber stark veränderten Bodengruppe, den Isar S 35. Da hier der Motor vorne saß, bekam dieses Coupé eine neue Kunststoff-Front mit einem großen ovalen Lufteinlass, dem Ferrari Superamerica von 1956 nicht unähnlich. Die vordere Stoßstange wurde geteilt und bestand nun aus zwei kurzen Eckstücken. Die Scheinwerfer waren vom Isar, die Türscharniere saßen vorn. Die Radausschnitte wurden der veränderten Reifengröße der Dimension 4.80-12 angepasst. Der schmale Kinderrücksitz entfiel zugunsten einer zusätzlichen Ablage und ein kleiner Kofferraum war jetzt über die ehemalige Motorhaube zugänglich.
Der höher verdichtete Motor leistete 34 PS bei 4.900 U/min (in einigen Angaben ist von 5700 U/min die Rede) und beschleunigte in 22 Sekunden von 0 auf 100. Die Spitze lag bei damals sensationellen 135 km/h. Das Werk sprach von einem "Viertakt-Boxer-Sportmotor". Die ersten Fahrberichte in den Fachzeitschriften waren vielversprechend und machten neugierig.
Für 4.750 DM sollte der "Westentaschen-Ferrari" verkauft werden. Aber aus der geplanten Serienfertigung wurde nichts, weil in der Praxis der hochgezüchtete Motor die in ihn gesetzten Erwartungen doch nicht erfüllte. Dazu sagte Chefkonstrukteur Dompert: "Das Fahrzeug wurde verworfen, wegen der Lautstärke und den Problemen mit dem Kunststoff." So blieb der S 35 ein Technologieträger für die weiteren Entwicklungen.
Um die Haltbarkeit des Motors und die Robustheit der Karosserie zu demonstrieren, wurde später ein Isar mit zwei Ingenieuren auf eine Fahrt nach Nordafrika durch die libysche Wüste geschickt. Als das Ziel nach mehr als 1.000 km ohne Schaden am Fahrzeug erreicht wurde, konnte man den Stolz auf diesen Erfolg in einer Anzeige nachlesen: "Ein Leistungsbeweis - bis ins Letzte ausgereift!"
Die Vorderräder des neuen Goggomobil Isar sind durch Schraubenfedern und progressiv wirkende Gummi-Hohlfedern einzeln gefedert. Das sollte gemeinsam mit den hydraulischen Stoßdämpfern und der Schneckenlenkung einen hohen Fahrkomfort garantieren
In einem Test (Heft 10/1959) über den neuen Isar schrieb Roller, Mobil und Kleinwagen:
" ... die Fortschritte sind unbestreitbar. Wenn auch die Kinderkrankheiten und die unzureichende Entwicklungsarbeit dadurch nicht entschuldigt werden, so muß man doch auch berichten, daß das Werk sich mit hohem finanziellen Aufwand um die kulante Regelung von Schadensfällen bemüht hat und daß sich der Wagen, den man uns für diesen Test gab, trotz schärfster Erprobungen ... wirklich bewährte."
Als Gesamteindruck vermerkte man: "Erstklassige Straßenlage, sparsamer Motor, geschickte Raumaufteilung und vorbildliche Sichtverhältnisse, ein sehr vernünftig konstruiertes und nun auch gut gebautes Auto, ....., in manchen guten Eigenschaften den vergleichbaren Typen überlegen."


 

Die Aussage "Vorn englisch - hinten Dingolfing" (Zitat: Roller, Mobil und Kleinwagen) sollte widerlegt werden.

1960 erhielt der Isar eine gründliche Renovierung. Um die Heckpartie der Limousine etwas zu strecken, wurden die Rückleuchten nochmals vergrößert. Sie waren nun von Blech eingefasst und verlängerten durch bündigen Abschluss mit den hinteren Kotflügeln die Seitenlinie. (Kuriosum: Dieses Rückleuchtenblech sollte ursprünglich gesondert lackiert werden, weil der Wagen nur ohne diese Verlängerung in das hauseigene Tauchbad passte. Doch bei Serienbeginn war diese Anlage schon abgeschafft.)
Die Nummernschilder wurden jetzt von der Stoßstange aus beleuchtet und konnten in Breitformat montiert werden.
Für mehr Kopffreiheit auf den Rücksitzen sorgte das etwas höher gezogene Dach. Die Heckscheibe wurde beträchtlich vergrößert und die hinteren Seitenscheiben waren auf Wunsch (für einen Aufpreis von 49 DM) ausschwenkbar. Auf dem Kofferraumdeckel prangten nun die Chrombuchstaben ISAR.Die neue Heckgestaltung
Die Reifengröße wurde der vom Kombi (5.20-12) angepasst. Dieser behielt noch eine Zeit lang die alten Rückleuchten.
Aus Versicherungsgründen wurde die Motorleistung des T 600 auf 19 PS reduziert.

1961 wurde der Isar in zwei Ausführungen angeboten: es gab eine Standard- und eine mit viel Chrom versehene Luxusversion, die serienmäßig mit Zweifarblackierung und Weißwandreifen ausgeliefert wurde. Die bei ihr vorhandene seitliche Zierleiste wurde ab sofort für viele Isar-Fahrer ein beliebtes Zubehör.
Der Kombi wurde nun auch als "Camping" angeboten. Diese Version hatte zwar eine verschraubte Rückbank, doch das brachte den Kunden den Vorteil, dass sie diesen Wagen als Limousine zulassen durften. Die Nutzlast lag allerdings 110 kg unter der vom Kombi, aber die Käufer konnten so beim C 700 fast 100 DM an Versicherungsprämie sparen. Nach Lösen der Schrauben ließ sich die Rücksitzlehne kippen. Zusammen mit den umgeklappten vorderen Rücklehnen stand dann eine 2m lange und ca 1,10m breite Liegefläche zur Verfügung.
Dieses Angebot an die junge Familie machte schon damals deutlich, dass ein Kombi nicht unbedingt nur gewerblichen Zwecken dienen musste. Und wenn man es genau betrachtet: war diese Campingversion nicht ein Vorläufer der ab den 80er Jahren so beliebten Kombi-Limousinen?

Im Motorsport wurde die Leistungsfähigkeit des Isar unter Beweis gestellt.

1962 verließen nur noch knapp 12.000 Fahrzeuge das Band. Die ständige Modellpflege am Isar und die ihm von Testern endlich attestierte Reife änderten nichts daran, dass die Produktionszahlen kontinuierlich sanken.
Die Standfestigkeit des Motors wurde durch Erfolge im Sport unter Beweis gestellt. Doch dies wurde von der Öffentlichkeit leider nur am Rande registriert. So wurden die Fahrer Bodmer/ Pohl mit ihrem T 600 wiederholt Klassensieger auf dem Nürburgring. Beim 12-Stunden-Rennen zum Beispiel fuhren sie mit 106 km/h die schnellste Runde. Die Zielflagge sahen sie zehn Minuten (!) vor ihren Mitbewerbern.
Auch in Österreich ließ der Isar seine Konkurrenten weit hinter sich. Bei der 29. Berglandfahrt siegte der Staatsmeister Loisl Wiener mit seinem T 600 in der Klasse bis 700 ccm, und bei der Bergprüfung auf dem Rechberg bei Graz holte er sich die Goldmedaille durch Bestzeiten in allen Wertungsdisziplinen.
Der Zwei-Zylinder Boxermotor100.000 km mit dem Isar waren nichts Besonderes mehr. Da auch alle anderen Motoren sehr standfest waren, gab es ab September'62 bei GLAS als erster deutschen Automobilfabrik für alle Modelle ein Jahr Garantie auf den Motor, ohne Kilometerbeschränkung. (In der Autoindustrie war bis dahin nur ein halbes Jahr die normale Zeitspanne.)
Aber die erfolgreichen Einsätze im Motorsport und die verlängerte Motorgarantie konnten das Blatt nicht mehr wenden. Die Kundschaft war anspruchsvoller geworden und liebäugelte schon mit den Wagen, die eine halbe Klasse höher angesiedelt waren. Dort tummelten sich der Ford 12M, Opel Kadett, DKW Junior, BMW 700 LS oder NSU 1000. Sie waren nur wenig teurer als der Isar. Dieser kostete mittlerweile mit dem 700er Motor 4.720 DM.
Der Druck der immer stärker werdenden Konkurrenz war deutlich zu spüren und ein Nachfolgemodell wäre fällig gewesen. Doch in Dingolfing lag jetzt der Schwerpunkt beim soeben vorgestellten GLAS S 1004.

Ein letzter Versuch wurde unternommen, den Isar den gehobenen Ansprüchen und dem veränderten Käuferverhalten anzupassen.

1963 wurde der Isar nochmals attraktiver. Die Standardversion existierte nur noch kurze Zeit in den Preislisten. Sie wurde von der "de luxe"-Ausstattung als Normalversion nach und nach verdrängt. Diese Ausführung bekam nochmals größere Reifen (5.50-12), sowie Einzelsitze und Lenkrad aus der 04er-Reihe. Das Armaturenbrett wurde mit dunklem Kunstleder überzogen und der Beifahrergriff war nun serienmäßig. Statt des Moltonstoffes am Wagenhimmel fand hier jetzt (wie schon vorher beim Kombi) ein elfenbeinfarbener, abwaschbarer Plastikstoff Verwendung.
Auch technisch tat sich wieder einiges. So wurde unter anderem die modifizierte Hinterachse vom S1004/ 1204 übernommen und die Ölwanne bekam einen tiefer liegenden Ölsumpf. Kombi und Camping erfuhren die gleichen Verbesserungen. Zusätzlich bekamen sie die großen Rückleuchten der Limousine. Weil nun die Luxusversion zum Preis der Normalversion angeboten wurde, kam dies einer Preissenkung von 240 DM gleich.
Ein seltenes 'Schmuckstück' (das Foto zeigt einen Isard)Die letzten Änderungen wurden dadurch dokumentiert, dass der Wagen nach dieser Modellpflege endlich auch am Kotflügel den Namen der größeren Modelle tragen durfte. Er hieß ab sofort "GLAS Isar". Doch die Zeit der Kleinwagen mit den engen Platzverhältnissen war endgültig abgelaufen, die Produktionszahlen blieben im Keller.
In einem letzten Test im Januar 1964 schrieb mot: "Der Isar wirkt wie ein solides Stück Handwerksarbeit"
Als positive Punkte wurden vermerkt: "Sehr gute Verarbeitung - großer Gepäckraum - gute Fahreigenschaften - für Bauart und Klasse leiser Motor und sehr gute Heizung - für die Ausstattung geringer Preis."
Dem standen unter anderen folgende Negativpunkte gegenüber:
"Rauher Motorlauf beim Beschleunigen - knapper Bein- und Kopfraum sowie unbequemes Ein- und Aussteigen für die Rücksitzpassagiere - Tachometer schlecht ausgeleuchtet - Schütteln beim Bremsen aus hohen Geschwindigkeiten - Kundendienstqualitäten örtlich sehr verschieden - altmodische aufwendige Wartungsvorschriften."
Die vom Werk vorgeschriebenen Intervalle (nach 3.000 km Abschmieren, nach 6.000 km Inspektion mit Ölwechsel) waren tatsächlich nicht mehr zeitgemäß.

1964 gab es keine nennenswerten Verbesserungen mehr am Isar. Er war ausgereift und so zuverlässig, wie es sich die Käufer von Anfang an gewünscht hatten, doch er war für sie nicht mehr attraktiv. Das Ende seiner Produktion war abzusehen. Sie fiel in diesem Jahr auf weniger als 5.000 (15 Wagen täglich) zurück.
In Dingolfing konzentrierte man sich jetzt auf den Serienstart der großen Limousine GLAS 1700 und des Coupés GLAS 1300 GT.

Das Ende.

Im August 1965 wurde die Fertigung nach fast 87.600 gebauten Fahrzeugen beendet. Damit erreichte der Isar nach der Goggo Limousine von allen GLAS Automobilen die höchste Stückzahl. Er war (neben dem Roller) das einzige Fahrzeug von GLAS, dessen Produktion von der Hans Glas GmbH selbst eingestellt wurde. Außerdem blieb der Isar bis zu seinem Ableben das einzige Modell aus der GLAS-Automobil-Familie, welches einen eigenständigen Namen erhalten hatte.
Das in der Planungsphase gesteckte Ziel von 100.000 wurde in Dingolfing zwar nicht erreicht, aber ein Erfolg war der Isar trotzdem: so gab es zum Beispiel in Argentinien eine Lizenzproduktion für den lateinamerikanischen Markt. Allein hier hatten bis Ende 1962 schon mehr als 14.000 Fahrzeuge die Montagehallen verlassen. Zum Vergleich die Zahlen der Konkurrenz: Lloyd verkaufte ungefähr 170.000 vom Alexander und NSU produzierte vom Prinz 1 bis III ca 94.500 Wagen. Die Produktionszahlen vom BMW 600 mit 34.800 und vom BMW 700 - kurze Ausführung - mit 79.600 blieben unter der vom Isar.

Jürgen Böttger


Die schwierige Namensfindung

Muss das damals eine Hektik in den Goggomobil-Werken gewesen sein: 1955 wurde das Goggomobil, die Limousine T250 vorgestellt. Das T stand hier wohl einfach für Typ (?) und die Zahl dahinter gab den Hubraum an. Schon ein Jahr später erschien das Coupé mit der Bezeichnung TS (TS = Typ Sport?) und kurz darauf stellte man den Transporter TL (TL = Typ Lasten?) vor.
In Dingolfing hatte man offensichtlich gar keine Zeit, sich über Namen Gedanken zu machen, denn schon 1957 sollte der Öffentlichkeit wieder ein neues Modell präsentiert werden. Auch dieser Wagen blieb vorerst namenlos, man nannte ihn schlicht „Das Große Goggomobil" - eine Bezeichnung, die von den Medien bereitwillig übernommen wurde.

Die Zeit bis zum Produktionsbeginn wurde aber genutzt, sich über einen anderen Namen Gedanken zu machen. Zitat: 'Wo sehr viele Köpfe denken, kommen auch sehr viele verschiedene Gedanken zusammen und nachdem im Kreis der Schöpfer des neuen großen Goggomobils keine Einigkeit darüber zustande kommen konnte, wie man das neue Kind am besten nennen soll, beschloss man einstimmig, einen Familienrat einzuberufen. Dies geschah in Form eines Preisausschreibens.' Die Zeit drängte und nach nur zehn Tagen und mehr als 4.000 Einsendungen musste die Namenssammlung Mitte Juni '58 abgeschlossen werden. 1.000 verschiedene Nennungen wurden gesichtet, bewertet und geordnet. Am Ende kristallisierten sich folgende Namen in dieser Reihenfolge als die Gewinner heraus:

1. Senior   2. Delphin   3. Isar   4. Mikado   und   5. Dingo.

Zitat: 'Die Götter mögen wissen, ob das wirklich die besten Namen waren, aber nach dem Prinzip der Mehrheit ergab sich diese Reihenfolge. Nun fragten sich die Schiedsrichter, welchen dieser Namen sie als endgültigen wählen sollten. „Senior" wollte ihnen für ein so junges und quicklebendiges Fahrzeug dann doch nicht so ganz passend erscheinen und der „Delphin" schien ihnen unangenehm an den fast gleichklingenden Namen eines ausländischen Fahrzeugs (Renault Dauphine) zu erinnern. Kurzum, man fand auch an jedem dieser prämierten Namen irgendetwas auszusetzen. Aber schließlich machte „Isar" das Rennen.'
Doch die Jury konnte sich nicht durchsetzen. Ihre Arbeit und die der Preisausschreiben-Teilnehmer war (vorläufig) umsonst. Die Prospekte waren gedruckt und es gab kein Zurück mehr. Bei Produktionsbeginn im August 1958 hieß das große Goggomobil in Anlehnung an die Bezeichnung seiner kleineren Brüder/Schwestern schlicht „T600" bzw. „T700". Die Werkszeitschrift Goggomobil warb bei ihren Lesern um Verständnis. 'Namen sind Schall und Rauch. Wenn man Sie fragen wird, was für einen Wagen Sie fahren, so werden Sie antworten: Ein Goggomobil 600. Vielleicht werden Sie auch noch kürzer und im guten Bewusstsein der damit für Sie verbundenen Empfehlung antworten: Ich fahre einen „T6O0". Kein Name ist es, sondern eine Bezeichnung, wie sie in der Automobil-Industrie üblich ist und wie sie schon manchem anderen besonders guten Fabrikat ruhmreich zur Ehre gediehen ist.' (Wollte man hier eine gedankliche Verbindung zur Nomenklatur von Mercedes herstellen?)
Ein Jahr verging. Waren es nun die mehr oder weniger klangvollen Namen der Konkurrenzfahrzeuge, wie Alexander, Junior, Jagst oder Prinz, dass in Dingolfing ein Umdenken einsetzte? Oder war es doch der Umstand, dass man die Modelle „T600/700" gründlich überarbeitet hatte und dass man dies der Öffentlichkeit durch einen neuen Modellnamen mitteilen wollte? Auf jeden Fall hießen die Wagen nach den Werksferien 1959 offiziell „Goggomobil Isar". (Die Bezeichnungen T600/700 blieben aber als Zusatz weiterhin bestehen.)
In den folgenden Jahren wurde der Markenname immer häufiger weggelassen - nichts sollte mehr an die kleinen stinkenden und knatternden 2-Takter, die eigentlichen Goggomobile, erinnern. Man sprach nur noch vom Isar. Erst 1963 wurde ihm die Markenidentität zurückgegeben. Der Isar wurde „geadelt" und in den Stand der höherwertigen Automobile aus Dingolfing gehoben. Ab sofort hieß er ,,GLAS Isar". Damit war und blieb er das einzige Fahrzeug der GLAS-Automobilwerke mit einem eigenständigen Namen.

Jürgen Böttger
(Die kursiv geschriebenen Passagen sind Zitate aus Goggomobil, Heft 7/1958.)