Allgemeines

Bereits drei Jahre nach dem Debut des Goggomobils präsentierte die Firma GLAS ein Aufsteigermodell: Das "Große Goggomobil".
Im Sommer 1958 begann der Serienbau. Unter dem Druck der Konkurrenz vielleicht etwas verfrüht, denn der positive Start wurde bald von Unzulänglichkeiten überschattet. Mancher Erstkäufer fühlte sich schnell als Testfahrer. Und auch wenn die Mängel großzügig vom Werk über die Händler abgearbeitet wurden, bekam der bis dato gute Ruf erste Risse.
Im Hause GLAS sah man den Wagen als "Daumen zur Hand", aber die Presse titelte etwas abfällig „Vorne Englisch – hinten Dingolfing".GLAS Isard, Bj.1964 - ein Re-Import aus BelgienStück für Stück merzte man die Fehler am Fahrzeug aus. Die Karosserie wurde stellenweise verstärkt und man stellte von einer Doppelvergaseranlage, die bei fehlerhafter Einstellung für üppigen Durst sorgte, auf einen Solex Fallstromvergaser um.
Die wichtigste Änderung aber gab es beim Modellwechsel 1960/61. Das Heck der Limousine wurde komplett überarbeitet. Das Dach wurde leicht angehoben und das Heckfenster größer. Man spendierte dem Wagen außerdem neue Rückleuchten und eine Stoßstange mit eleganterer Form. Es verschwand auch der Schriftzug Goggomobil vom Kotflügel. Stattdessen prangte dort nun die Bezeichnung Isar, später ersetzt durch den Schriftzug GLAS. Der Isar wurde in den Varianten T 600 und T 700 angeboten.
Trotz aller Verbesserungen blieben die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurück. Ab 1963 bot man den Isar nur noch in der sogenannten Luxus-Ausführung an. Es gab breitere Zierleisten an den Fenstern, ein geändertes Lenkrad und Einzelsitze analog zum größeren Modell der 04-Reihe. Mit diesen Änderungen überlebte das Modell noch bis 1965. Dann wurde die Produktion eingestellt.
Als Ergänzung dazu wurde der Isar ab 1959 auch als Kombi produziert. Optisch wirkt dieser durchaus gefälliger als die biedere Limousine. Das wird durch die geschickte Dachform, die durch drei Sicken verstärkt wird, erreicht.
Wie damals oft üblich wurde der Wagen auch als reiner Lieferwagen ohne seitliche Fenster angeboten. Diese Version ist heute praktisch vom Markt verschwunden.
Da findet man schon eher die Variante "Camping". Aus steuerlichen Gründen wurde hier die Lehne der Rückbank fest verschraubt und sie konnte nach Lösen der Schrauben umgeklappt werden, um mit den umgeklappten Lehnen der vorderen Sitze eine durchgehende Liegefläche zu bilden. Innovativ und seiner Zeit weit voraus.

Karosserie

Die Radläufe: eine Schwachstelle - Ein Blick unter die Kotflügel kann nicht schadenDie Karosserie des Isar iHier sucht sich das Wasser gerne einen Weg in den Innenraumst eine selbsttragende Ganzstahl-kontruktion. Leider war Konservierung nicht das Thema Nummer Eins beim Bau.
Schwachstellen gibt es einige: Radläufe und Schweller sowie die hinteren Spitzen gehören dazu. Aber auch die A-Säule bedarf besonderer Beachtung. Hängende Türen können hier die Probleme offenbaren.
Rost an den Unterkanten der Türen ist in der Regel nur begrenzt vorhanden. Wie auch bei anderen Modellen sind die Spaltmaße zu beachten. Dabei gilt ein besonderer Blick auf die Motorhaube. Diese öffnet nach vorne und wird in der Regel mit einer Sperrklinke gesichert. Der Warnhinweis auf der Haubeninnenseite wurde aber so manches Mal übersehen, wodurch Schäden an den Scharnieren vorkommen können. Auch das zusätzliche Gewicht des an der Innenseite der MotorhaRostnester können hier hinter den Radläufen sitzenube angebrachten Reserverads hat mit dazu beigetragen.
Das Besondere am großen Goggomobil ist seine Panoramascheibe, die für eine uneingeschränkte Sicht sorgt. Überhaupt sind die Sichtverhältnisse hervorragend. Aber es gab (und gibt) Schwierigkeiten, diese Frontscheibe so abzudichten, dass kein Wasser in den Innenraum läuft. Darauf sollte man beim Kauf achten.
Ein Plus erhält man in Sachen Platzangebot. Fahrer und Beifahrer finden gut Platz. Selbst hinten sitzt man einigermaßen bequem. Angenehm sind hier die seitlichen Armlehnen. Was aber jeden Käferfahrer neidisch machen wird, ist der üppige Kofferraum. Der bietet auch nach heutigen Maßstäben eine ganze Menge Staugelegenheit (und rechts und links leider auch mögliche Rostnester in den Vertiefungen).
Der Kombi legt hier noch eine Schippe drauf! Mit umgelegter Rückbank wächst das Stauvolumen auf satte 1.000 Liter. Und schon diese Fahrzeuge besitzen einen Zwischenstauraum unter dem Ladeboden!


 

Technik

Die Technik des Isar ist weitgehend simpel gehalten. Das ist durchaus positiv zu sehen, denn GLAS war ja ursprünglich ein Hersteller für Landmaschinen. Der Motor ist ein Zweizylinder-Viertakter, der seine enge Verwandtschaft zum BMW-Boxer nicht verleugnen kann, war doch hier der gleiche Ingenieur am Werk. GLAS hatte Leonhard Ischinger eingestellt, der vorher bei BMW tätig war.
... und hier wartet noch viel ArbeitEin Blick auf Motor und Reserverad ...Die Motoren sind recht robust und es gibt auch heute noch genügend Ersatzteile dazu. Ersatz– oder Schlachtmotoren werden immer wieder angeboten. Kein Wunder, denn wenn die Karosserie die Zeiten auch nicht überdauerte, wurde ein Motor schon mal auf die Seite gelegt. Ein Schlachtmotor lässt sich bestimmt auftreibenProbleme können hier nur entstehen, wenn noch eine alte Zweivergaser Anlage montiert ist, die nicht richtig eingestellt ist. Dann wird der Goggo zum Säufer.
Eine Umrüstung auf Einvergaser-Betrieb ist aber kein Problem und auch dieser ist in vielen Fahrzeugen verwendet worden und somit leicht zu beschaffen.
Bei den Bremsen kann es schon eher aufwändiger werden, weil es häufiger vorkommt, dass diese einseitig ziehen. Gerade bei längerem Stillstand kann das eintreten. Das Einstellen kann dann auch gerne mal etwas Zeit in Anspruch nehmen. Bei technischen Mängeln ist aber schnelle Abhilfe möglich. Radbremszylinder sind teilweise noch im Fachhandel erhältlich, gleiches gilt für den Hauptbremszylinder.
Schwieriger ist es hingegen mit den Stoßdämpfern. Vorne eher unkritisch ist es für hinten mitunter nicht ganz so leicht Ersatz zu bekommen. Hier kommt noch hinzu, dass der Isar je nach Baujahr sehr unterschiedliche Varianten verbaut bekommen hat. Dazu gibt es aber im GLAS Club fachkundige Hilfe und in den Clubheften eine detaillierte Abhandlung.
Das Fahrwerk bietet noch einen weiteren Verschleißpunkt, der erwähnt werden muss: die Trag- und Führungsgelenke. Hier bietet der Club Ersatz an. Das gilt auch für die Silentbuchsen der Vorderachsen.
Bowdenzüge sind häufig zu bekommen und stellen kein Problem dar.
Ein großer Vorteil beim Isar ist seine Dynastart-Anlage. Sie garantiert ein günstiges 12 Volt Bordnetz.

Interieur

Die älteren Isar hatten eine Sitzbank und ein weißes LenkradDie neue Ausführung mit schwarzem Speichenlenkrad vom 04Wie schon zuvor erwähnt, besitzt der Isar eine vordere Sitzbank, lediglich die späten Modelle (ab 1963) sind dann schon mit Einzelsitzen ausgestattet. Die durchgehende Sitzbank gibt dem Wagen allerdings deutlich mehr Charme als die Sitze der „Luxusvariante".
Ab 1963 gab es mit grauem oder schwarzem Kunstleder (Skai) bezogene EinzelsitzeGrundsätzlich sollte man beim Kauf auf ein intaktes und vollständiges Interieur achten. Das gilt neben der Sitzgarnitur auch für den Himmel und die Bespannung des Armaturenbrettes. Den Himmel kann man sich bei vorhandenem Muster leicht neu fertigen lassen, denn die Originale sind oft durch Schmutz und Feuchtigkeit angegriffen, handelt es sich doch überwiegend um einen Baumwollstoff, wie man ihn schon vom kleinen Goggo her kennt. Beim Kombi und den späteren Modellen findet man hingegen eine pflegeleichtere Kunststoffbespannung.
Das Armaturenbrett ist grundsätzlich mit einem Kunstleder überzogen. Hier gilt die Aufmerksamkeit dem möglichst originalen Zustand. Zusätzliche angebrachte Schalter und Anbauteile sollten nicht vorhanden sein. Werksseitig vorgesehen sind aber Bohrungen für einen Haltegriff für den Beifahrer. Die Bespannung überdeckt diese.
Am Boden besitzt der Wagen ursprünglich eine Gummimatte. Oft hat sie die Zeit nicht überstanden oder ist nur noch in Fragmenten erhalten geblieben. Da sich unter dem Gummi Feuchtigkeit besonders gut hält, ist ein Austausch empfehlenswert. Ein Autoteppich moderner Qualität schafft hier Abhilfe und lässt sich leicht anfertigen.
Der Isar besitzt eine Knickkante im seitlichen Blech, die sich für eine Zweifarblackierung geradezu anbietet. Unterstrichen wird das noch durch eine mehrteilige Zierleiste entlang dieser Knickkante.


 

Ersatzteile

Ersatzteile sind sind für den Isar zum Teil recht umfangreich zu erhalten. Gerade für Motor und Getriebe gibt es reichlich. Verschleißteile für das Fahrwerk sind in Bezug auf Silentbuchsen sowie Führungs- und Tragelager u.a. über den GLAS Club zu beziehen. Die Frage einer Mitgliedschaft stellt sich damit nicht – oder?
Die vorderen Stoßdämpfer sind durch Dämpfer des Opel Rekord C ersetzbar. Lediglich die hinteren Dämpfer sind schwierig zu bekommen.
Wer ein Fahrzeug restauriert wird nicht umhinkommen, die Fenstergummis auszutauschen. Für Front- und Heckscheibe wie auch für die Seitenscheiben gibt es entsprechende Profile.
Problematisch sind aber die Profile für die Motorhaube und den Kofferraumdeckel. Ebenso schwer zu bekommen sind die Gummis an den Vorderkanten der Einstiegstüren.
Die Bereifung ist mit 125/155er über den Handel problemlos zu beziehen.
Für den Isar gibt es häufig noch Teile in privaten Lagern. Gute Kontakte im Club bilden eine solide Basis. Aber manches Teil wird auch über das Internet (z.B. ebay) angeboten.

Fazit

Ist die Entscheidung für das große Goggomobil einmal gefallen, besteht am ehesten die Aussicht eine Limousine zu erhalten, da der Kombi nur noch vereinzelt auftaucht und entsprechend teurer ist.
Der Isar hatte bis vor kurzem keine wirklich starke Lobby. Inzwischen aber ist seine Beliebtheit gestiegen. Das lässt sich auch am leicht steigenden Marktwert ermessen.
Obwohl ein insgesamt seltenes Fahrzeug, sollte der Kauf gut überlegt sein. Es ist in jedem Fall darauf zu achten, ein vollständiges Fahrzeug zu erwerben. Auch der Zustand des Blechkleides sollte eine Wiederherstellung rechtfertigen.
Wer einen Isar kauft, das komplett überarbeitet werden muss, muss sich darüber im Klaren sein, dass die Instandsetzungskosten den möglichen Wiederverkaufwert deutlich übertreffen können.

Auch beim Isar gilt natürlich: Ein gut erhaltenes und gepflegtes Exemplar ist in der Regel der bessere Kauf.
Ein Isar im Zustand 2-3 kann in einer Spanne zwischen 5.000 und 8.000 Euro liegen (Stand Februar 2012). In der Tat sind auch schon vereinzelt Autos für einen fünfstelligen Betrag verkauft worden. Eine gute Restaurierungsbasis liegt zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Das ist natürlich abhängig von der Arbeit, die der Käufer noch in das Fahrzeug stecken muss.
Die Werbung hat nicht gelogen! Der Isar ist der "Daumen zur Hand". Ein wunderschönes Auto, das in Zweifarben-Optik einen besonders gefälligen Eindruck macht. Wer das Goggomobil schon „erfahren" hat, weiß Platzangebot und Komfort zu schätzen.
Was macht es da schon, wenn einige wenige Unwissende (tatsächlich sind es noch die meisten) den Isar für einen Trabbi halten...