Mein Goggo Roller TA 200

Noch im Jahre 2004 besaß ich eine Goggomobil Limousine in einem fantastischen Zustand. Dieses Goggomobil habe ich dann im April 2005 wieder verkauft, weil sich Nachwuchs ankündigte. Über den Verkauf ärgere ich mich allerdings heute noch....
Als Ersatz kam ein 1960er Opel Rekord P1 in die Garage. Von der Firma GLAS und ihrem Goggomobil bin ich aber nie ganz los gekommen und eines Tages stieß ich auf den Goggoroller, von dem ich bis dato noch nichts gehört hatte. Zwei Jahre lang nahm ich mir vor, das "Projekt Goggoroller" in Angriff zu nehmen - aber nie ernsthaft, da mir zu dieser Zeit noch der Motorradführerschein fehlte.
ein wahrer SchrotthaufenErst ab August 2009 begab ich mich auf die Suche nach diesem sehr selten gewordenen Fahrzeug. Nach zwei fehlgeschlagenen Kaufversuchen in Bayern fand ich im November im Internet-Auktionshaus ebay das gewünschte Objekt zwischen Erlangen und Nürnberg. Es war ein TA 200, Baujahr 1954, mit elektrischem Anlasser und 12 Volt Batterie - ein wahrer Schrotthaufen, aber zu einem fairen Preis.
Der Kauf wurde am 25. November besiegelt und schon zwei Tage später begann ich mit der Zerlegung des Rollers. Als erstes sollte die Technik mit allen Rahmenteilen, sowie Batteriekasten, Tank und Antrieb usw. instand gesetzt werden. Es wurde alles bis auf die letzte Schraube zerlegt und zum Glasperlstrahlen gegeben.
in Einzelteile zerlegtIn der Zwischenzeit bemühte ich mich schon mal um die entsprechenden Neu- und Ersatzteile, die nicht ganz einfach zu beschaffen waren. Es gibt allerdings einige fähige Leute in der Rollerszene, die mir mit Rat zur Seite standen und mir bei den vielen Fragen geduldig und bereitwillig Auskunft gaben.
Als ich die Rahmenteile vom Strahlen zurückbekam, wurden diese sogleich mit einer Epoxidharzgrundierung versehen und dann in den Originalfarben lackiert. Dem Batteriekasten musste ich vorher noch einen neuen Boden einschweißen. Die Materialien bekam ich von meinem KFZ-Lackierer.

der Batteriekasten bekam neuen BodenNun widmete ich mich dem Motor und dem Vergaser. Ich wusste natürlich nicht, ob dieser funktionierte. Er ließ sich aber leicht durchdrehen und nach dem Öffnen stellte ich fest, dass er doch komplett überholt werden musste. Was der Motor bis dahin gelaufen hatte, konnte mir auch der Vorbesitzer nicht sagen. Also beließ ich es dabei, den Vergaser zu reinigen, zu polieren und mit neuen Dichtungen wieder zusammenzusetzen. Den Motor gab ich zum Revidieren einem Fachbetrieb. Desweiteren spendierte ich ihm noch eine kontaktlose Zündung. Der Regler wurde von einem Fachbetrieb geprüft und eingestellt.



der Motor vor ...... und nach der RestaurationAls ich die Neu- und Ersatzteile beisammen hatte, konnte ich mit dem Zusammenbau beginnen. Alle Schrauben, Muttern, Splinte, Unterlegscheiben und sonstige Befestigungsmaterialien wurden in verzinkter Originalqualität verwendet, keine Edelstahlschrauben oder dergleichen.

Die Bearbeitungsschritte der Felgenrestauration
Die hintere Schwingachse mit den Bronzeführungen wurde neu gefertigt. Die Bremsbelege wurden neu hergestellt und aufgenietet.



Die neue Bremse
Alle Bowdenzüge und der gesamte Kabelbaum mit allen originalen Kabelfarben und Anschlüssen sind ebenfalls gefertigt worden.



Der Kabelbaum wurde akribisch in allen Originalfarben
hergestellt





Den Tank habe ich von innen entrostet und mit einer Tankversiegelung beschichtet. Das Zusammensetzen der gesamten Technik hat etwa bis Anfang Februar 2010 gedauert.
der Zusammenbau beginnt
Nach dem Zusammenbau des Rahmens habe ich am 11. Februar den Motor nach ca. 40 Jahren Stillstand das erste Mal wieder gestartet. Er lief gleich ohne Störung und sehr sauber. Ein erhabenes Gefühl! Danach ging es an den provisorischen Zusammenbau des ganzen Rollers mit der noch unbehandelten Karosserie.






Am 19. Februar habe ich eine Probefahrt in einem nahe gelegenen Gewerbegebiet gemacht. Nachdem noch einige kleine Schwierigkeiten beseitigt wurden, die Karosserie noch gerichtet und ein wenig geschweißt wurde, brachte ich sie am 1. März zum Lackierer. Die Karosserie sollte in einem Farbton aus der damals verwendeten Farbpalette lackiert werden. Für die originalgetreue Linierung bin ich extra ins 160 km entfernte Obernkirchen gefahren, um von einem 1954er Goggoroller, der noch den Erstlack hatte, die Linierung zu fotografieren und zu bemaßen.


Gleichzeitig hat sich der Sattler um die Sitzbank, den Ersatzradüberzug und das Sitzkissen für den Kindersitz gekümmert. Dieser wurde nach alten Vorlagen und Fotos originalgetreu von mir nachgefertigt, ebenso der Gepäckträger und die Stoßstangen. Die alten waren so verrostet, dass man sie nicht mehr verwenden konnte.

Gepäckträger und Stoßstangen wurden
neu gefertigt, da sie total verrostet waren





Am 1. April bekam ich alles wieder: Karosserie, Sattlerteile und die Chromteile. Über Ostern konnte ich mit dem Zusammenbau beginnen. Nach genau 158 Arbeitsstunden Eigenleistung, ohne die Arbeit vom Galvaniseur, Sattler und Lackierer und einem Kostenaufwand, auf den ich hier besser nicht näher eingehe, führte ich den Roller am 6. April 2010 beim TÜV in Iserlohn vor. Die erforderliche Vollabnahme dauerte nur 15 Minuten und der Roller ging ohne jegliche Beanstandung durch die Prüfung. Als kleines Bonbon hat mir der TÜV-Prüfer auch den Kindersitz mit in die Papiere eingetragen.
Anschließend ging es zum Straßenverkehrsamt, um dem Roller nach vier Jahrzehnten wieder eine Zulassung zu erteilen. Den fehlenden Motorradführerschein hatte ich übrigens in der Zwischenzeit auch "mal eben" gemacht.



Über die genaue Geschichte des Rollers konnte ich leider nicht viel in Erfahrung bringen, da der Vorbesitzer ihn schon 25 Jahre in dem schlechten Zustand in der Garage stehen hatte, mit der Absicht, ihn irgendwann mal zu restaurieren. Er hatte den Roller von einem Arbeitskollegen seines Vaters geschenkt bekommen, der ihn 1954 neu gekauft hatte und ihn bis ca. 1970 gefahren hat.
Michael Möller