Das Goggomobil von Onkel Willy

Zuerst wurden Bodengruppe und Karosserie getrenntEigentlich war ich nie der supermotivierte Oldtimerfan. Dies sollte sich ändern, als mein Vater mich fragte: Willst du ein altes Auto haben und reparieren?
Ich antwortete: Nein danke, ich lass lieber den Eigentümer seinen Schrott selbst entsorgen. Er: Schade, Onkel Willy würde sich sicher freuen, wenn sich jemand um sein Goggomobil kümmern würde.
Das Goggomobil war Onkel Willys Ein und Alles. Ihm als Anstreicher diente es mit ausgebautem Beifahrersitz als Firmenfahrzeug, in dem Farbeimer und auch Leitern befördert wurden.
Onkel Willy war der Vetter meiner Oma und ich kannte das Goggo von Kindheit an. Schließlich ist es ja auch vier Jahre älter als ich.
Ein paar Tage später fuhren wir zu Ihm und besichtigten das Goggo.
TÜV hatte es noch und anspringen tat es auch ohne Probleme. Kein Wunder, hatte es doch in den Achtzigern einen Tauschmotor aus Bremen erhalten.
Die Trennung ist vollzogenDie Karosserie war allerdings in einem schlechten Zustand. Wir merkten, wie sehr das Goggo Onkel Willy ans Herz gewachsen war und ich versicherte ihm mein möglichstes zu tun, um es wieder in einen guten Zustand zu bringen. Eine Garage zur Restauration war vorhanden und ich nahm das Goggo direkt mit.
Nachdem ich ein paar Meter bergab gerollt war und auf die Bremse trat, schlug mein Herz plötzlich etwas höher. Es baute sich der Bremsdruck kurz auf - doch dann fiel das Pedal bis zum Bodenblech durch. Mit gezogener Handbremse kam ich noch kurz vor der Bundesstraße zum stehen. Mit wackligen Knien fuhr ich dann noch langsam bis zur Garage. Im August 1998 begannen dann die Restaurationsarbeiten.Die Bodengruppe wird zuerst restauriert  
Zuerst wird die Karosse von der Bodengruppe abgenommen. Im Sitzmuldenbereich hatte das Goggo sieben Leben, - nein Bleche, die nach und nach übereinandergeschweißt eine Panzerplatte bildeten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich innerlich mit der Restaurierung abgeschlossen. Nein, bei soviel Rost macht eine Restauration wohl keinen Sinn. Ich bat einen Freund, der auch schon Oldtimer restauriert hat, um Rat. Er sagte nur: So sehen sie alle aus, bestell erst einmal Ersatzteile und fang an. Wenn die Teile erst einmal gekauft sind, musst du weitermachen und dann kommt auch irgendwann der Spaß daran wieder zurück.
Ich befolgte diesen Rat und besorgte mir über den GLAS Club Adressen von Ersatzteilanbietern.

Reparatur des Bodens                             Fertige Bleche gab es zu kaufen
Nachdem ich alles beisammen hatte, ging es mit den Karosseriearbeiten los. Die verbauten Türen und Sitzmulden waren neue Original Ersatzteile(Dank an Herrn Köster). Türen, Radläufe und Abschlussbleche werden eingepasst, geschweißt und verzinnt. Die Karosserie wird wieder von der Bodengruppe abgenommen und innen lackiert. Anschließend ist mal wieder Hochzeit, diesmal verbleibt die Karosserie aber auf der
Bodengruppe ist fertig geschweißt                            Das Fahrgestell fertig montiert
Bodengruppe und die Lackiervorarbeiten wie spachteln, füllern und grundieren werden erledigt. Und dann ist es bald soweit, der Lack kann drauf.
Alle Arbeiten wie Sandstrahlen, Schweißen und auch Lackieren wurden von mir in der Garage getätigt. Die Lackierung enthält kaum Staubeinschlüsse, der Glanz ist OK. Die Stoßstangen wurden geschliffen und silbern lackiert. (Die hintere Stoßstange besitzt noch drei Nummernschildbeleuchtungen.)
Jetzt wird die Karosserie geschweißtDer originale Gummi- Bodenbelag war nur noch in Stücken vorhanden, er wurde gegen einen selbst zugeschnittenen und teilweise mit dem Heißluftfön geformten Teppichbelag getauscht. Der Fahrzeughimmel war nicht mehr vorhanden, ein neuer Himmel wurde eingesetzt. Die Vordersitze wurden von dem ausgeschlachteten BMW-Goggo übernommen, die rückwärtige Sitzbank wurde von einem Sattler neu bezogen.
Klar, es ist kein Museumsstück erster Klasse, aber das sollte es ja auch nicht werden. Der Abschluss der Restauration war im März 1999, der nächste TÜV-Termin stand im April 1999 an.

Rostige Bleche werden sauber herausgeschnitten                           Zum Schluss ist alles blank und rostfrei
Dieses Goggomobil wird sicherlich eines der wenigen Goggos sein, die bisher noch nie abgemeldet wurden. Der aktuelle Tachostand beträgt 85.865 km. Und jedes Jahr kommen ein paar Kilometer durch kleinere Touren im Schmallenberger Sauerland dazu. Das Goggomobil begeistert immer noch Jung und Alt und stiehlt so mancher anderen Edelkarosse die Show. Bei einem Oldtimertreffen im Jahr 1999 begeisterte es einen Fan (selbst ehemaliger Coupébesitzer) so sehr , dass er mir 10 DM in die Hand drückte und sagte: Da kaufste ihm mal ein ordentliches Öl für.
Im Gegensatz zu heutigen Fahrzeugen sollte solch ein kleines Goggo lt. Bedienungsanleitung schon häufig gewartet werden.
Kleiner Wartungsdienst: alle 2500 km, Große Wartung: alle 5000 km, Erweiterter großer Wartungsdienst: alle 10.000 km.
Über die Kraft des Zweitakt-Twin-GLAS-Motors konnte ich mich im letzten Frühjahr überzeugen. Den letzten halben Newtonmeter Drehmoment nutzend ging es zügig voran. Als dann plötzlich ein Blitz aufleuchtete nahm ich den Fuß vom Gas. Sie sagen, mit einem Goggo kann man nicht geblitzt werden? Doch, in einer Tempo 30 Zone. Das grinsende Gesicht des Beamten werde ich wohl nie vergessen.
Heiner Schauerte