Vorwort

Vor einiger hatte ich Gelegenheit im finnischen Oldtimer- Magazin "Mobilisti" im Archiv nach GLASzu suchen. Ich fand dort einige GLAS und Goggomobil Fotos und einen kurzen Brief von Herrn Lasse Kännö. In diesem Brief überlegte er, ob der Isar nun ein GLAS oder ein Goggomobil sei. Er schrieb weiter, dass er wohl den finnischen Rekord hält, dass er die meisten GLAS in Finnland besessen hat. Ich rief Herrn Kännö an und bat ihn, etwas über seine diesbezüglichen Erfahrungen in den 60er Jahren in Finnland zu schreiben.
Einen Monat später kam ein 20-seitiger Brief mit einem wunderbaren Bericht über die acht GLAS von Herrn Kännö. Ich habe die Geschichte übersetzt und etwas gekürzt.
Arno Seppänen

Ein GLAS-Fahrer in Finnland

Sehnsüchtig denke ich an die 60er Jahre zurück, in denen ich viel mit dem Auto reisen musste. In dieser Zeit konnte ich es mir leisten eine außergewöhnliche Automarke zu fahren, denn GLAS Automobile gab es nicht jeden Tag zu sehen. Obwohl ich manchmal hunderte von Kilometern an einem Tag zurücklegte.
In den gesamten 60er Jahren fuhr ich GLAS. Ich besaß sieben, sechs davon kaufte ich neu. Später besaß ich von 1982 bis 1997 mein achtes GLAS-Automobil. Es war unter den anderen Familienwagen ein sehr interessantes Fahrzeug.

Mein erster Isar

Nach meinem Studium suchte ich einen Job, um genügend Geld für ein eigenes Auto zu verdienen. Ich bekam eine Stelle als "Organisationsberater". Zu dieser Arbeit benötigte ich ein Automobil. In Finnland war es 1960 nicht leicht einen Personenwagen zu kaufen. Bereits 1953 hatte ich im Alter von sechzehn Jahren einen Volkswagen bestellt. Sieben Jahre später war die Warteliste nicht viel kürzer geworden. Neuwagen wurden nur für besondere Zwecke (Doktoren, Förster usw.) verkauft. Als " Sailor car" gab es die Möglichkeit sehr schnell an einen neuen Volkswagen heranzukommen, doch der Preis lag 50 Prozent über dem Listenpreis. Sailors (Seeleute) hatten die Möglichkeit, jedes zweite Jahr ein neues Fahrzeug zu importieren.
Anfänglich schaute ich nach einem Gebrauchtwagen. Aber die neueren Fahrzeuge kosteten soviel wie Neuwagen. Für den Import von Arbeitsfahrzeugen benötigte man keine Lizenz. Von einigen Automarken konnte man die Lieferwagen direkt kaufen. Es war auch möglich, gebrauchte Lieferwagen in einen Personenwagen umzubauen. In Finnland begann die Ära der "hidden station wagons". Es gab die Möglichkeit, die Wagen mit Rücksitzen aber ohne hintere Seitenscheiben, oder aber mit Seitenscheiben und ohne hintere Sitze zu bestellen. Das Gesetz sah die Möglichkeit vor, diese Fahrzeugen nach 6 Monaten oder 10.000 km in Personenwagen umzurüsten.
Diese Art von "hidden station wagon" war mein erstes Auto. Auto-Helkama in Turku bot Isar K 700 Kombis als Lieferwagen zum Preis von 530.000 Finnmark (FIM). Ich hatte 20.000 FIM erspart. Auto Helkama bot mir als Nachlass 10.000 FIM und einige Zubehörteile (unter anderem einen Öltemperaturmesser) an. Die restlichen 500.000 FIM lieh ich mir von der Bank. Nach einer Woche bekam ich den Wagen. Er war mit folgenden Daten registriert:
Goggomobil Isar K-700 Lieferwagen, Fahrgestellnummer: 63 - 053092 Typ. 2000-61, Kennzeichen FD-881, Farbe: lachsrot
In diesen Tagen gab es nur etwas mehr als 200.000 Personenwagen in Finnland. Im Herbst kaufte ich Rücksitze für meinen Wagen. Damit hatte Finnland einen PKW mehr!
Das erste Frühjahr war eine schlimme Zeit für meinen Isar. Die kleinen Straßen hatten sehr viele Frostschäden. Die weichen Stellen musste man mit hoher Geschwindigkeit durchqueren. Manchmal kam ich jedoch nicht zurecht damit. Dann musste ich warten bis ich abgeschleppt wurde oder andere Hilfe bekam. Es war ein Wunder, dass mein Isar das so gut durchgestanden hat.
Im Sommer machte der Isar viel Spaß. 30 PS bescherten zwar keine wilde Beschleunigung, aber auf den Schotterstrassen konnte man eine hohe Kurvengeschwindigkeit erreichen. Es war leicht die Hinterräder durchdrehen zu lassen, so dass die Passagiere erschraken.
Im darauf folgenden Jahr sammelte mein Isar viele Erfahrungen. Im Sommer diente er als meine Wohnung und half mir meine Frau oder andere Leute zu besuchen. Im Winter benutzte ich finnische Nokia Hakkapeliitta Reifen. Mit denen fuhr ich durch kleine Schneeverwehungen. Keine Spikes waren notwendig.
Im Hochsommer 1962 war mein Isar der Hochzeitswagen für meine Frau und mich. Er transportierte uns von der Kirche Orivesi zu unserer neu angemieteten Wohnung in Tampere.
Der August 1962 war eine harte Zeit für meinen Isar. Wir machten einen langen Urlaubstrip nach Norwegen. Innerhalb 17 Tagen fuhren wir 5.100 km. Nach dieser Fahrt zeigte der Kilometerzähler 49.100 km an. Das ist eine lobenswerte Zahl für einen Zweizylinder aus den 60er Jahren. Der einzige Defekt war ein zerrissenes Auspuffrohr. Auf diesem Trip war der Isar auch unser Campingwagen. Die Rückenlehne der Frontsitze konnte man herausnehmen. Man musste nur eine Schraube lösen. So hatten wir ein geräumiges Doppelbett. Meine junge Frau hatte Vorhänge für die Fenster genäht und wir konnten friedlich schlafen. Wenn es regnete hatten wir Mitleid mit denjenigen, die in Zelten übernachten mussten.
Im zweiten Jahr bekam mein Isar eine raue Behandlung. Ich hatte meine Tätigkeit gewechselt und mein neues Aufgabengebiet erstreckte sich über ganz Finnland. Mit dem damaligen Öl und de Dynastartanlage war es im Winter schwierig den Wagen zu starten. Also benutzte ich eine "Motorheizung". Eine Tasse voll Spiritus brannte unter dem Motor und wärmte ihn auf. Danach war es einfach den Wagen zu starten. Einmal ging mir der Spiritus aus. Als letzte Möglichkeit nutzte ich Birkenrinde. Der Wagen sprang an, aber die Motorhaube war innen voller Ruß. Es war eine schwere Aufgabe wieder alles zu reinigen.
Im zweiten Winter bekam ich eine nette Überraschung. Der endgültige Preis für meinen Wagen war vom Sozialministerium festgelegt worden. Ich bekam eine Rückzahlung von 12.500 FIM. Die Handelsbeschränkung für PKW wurde im Frühjahr 1963 zurück genommen. Danach konnten die Händler so viele PKW importieren, dass sie auch Werbung dafür machten.
Nach zwei Jahren wechselte ich meinen Isar Kombi. Ich bevorzugte jetzt Isar PKW. Insgesamt bin ich 61.343 Kilometer mit dem Wagen gefahren. Die Hälfte der Kilometer wurden von meinem Arbeitgeber bezahlt. Wenn man die Wartungskosten zusammenzählt, waren die Reparaturkosten nur 26570 FIM hoch. Den nächsten Sommer sah ich meinen Isar wieder. Er war im Gebrauch eines anderen Landmaschinen-Verkäufers. Er hat den Wagen über 200.000 Kilometer ohne Reparaturen gefahren.
Lasse Kännö

Mein zweiter Isar

1963 war mein erster Isar zwei Jahre alt und war noch in gutem Zustand. Er hatte nur ein paar kleine Beulen. Trotz allem hatte fieberte ich danach, den Wagen zu wechseln. Die Beschränkung der importierten Personenwagen war vorbei. Der sportliche GLAS 1004 war noch nicht auf dem finnischen Markt, aber Oy Helkama Ab offerierte wunderschöne Isar Limousinen, die als "GLAS" angeboten wurden. Obwohl die Heizung für den finnischen Winter nicht ausreichend war entschied ich mich für eine Isar de Luxe Limousine mit Chrom- Stoßstangen und Skai-Ledersitzen. Der Wagen kostete 6.200 neue Finnmark (FIM) und das Zubehör ungefähr 250 FIM ( Fracht, Öltemperaturmesser, Radkappen aus Stahl, Nummernschilder, Zulassung usw.). Ich bekam 3.200 FIM für meinen alten Isar, so musste ich noch 3.250 FIM draufzahlen. Der Wagen wurde am 26.04.1963 zugelassen:
Goggomobil Isar T-700 De Luxe Limousine, Fgst.-Nr: 60 - 075468 typ: 2000-58, Kennzeichen: HHY-14, Farbe: braun-beige
Zu Beginn der 60er Jahre waren die Straßen in Finnland meist kurvenreiche Schotterpisten. Hier konnte man mit der Geschwindigkeit des Isars unbekümmert fahren, aber auf dem Hauptstraßen schossen die neueren Wagen an mir vorbei.
Mein Isar fuhr sehr gut, da ich ihn mit viel Gefühl fuhr. Isar Motorenen lassen sich nicht gern untertourig fahren. Die beste Drehzahl liegt bei 3500 Umdrehungen/Min (es war genauso schlecht mit der Höchstdrehzahl von 4.900- 5.000 U/ min zu fahren). Trotzdem hat sich mein Motor einmal festgefressen.
Es passierte, als ich einmal auf der Straße mit meinem Chef unterwegs war. Ich fuhr sehr schnell und versuchte zu zeigen, wie gut mein Isar auf kurvenreichen Strassen war. Ich bemerkte, dass die Öltemperatur bei der Ankunft an unserem Ziel sehr hoch war und ich war so dumm, den Motor sofort abzustellen. Danach sprang der Motor nicht mehr an. Glücklicherweise war noch Garantie darauf und der Wagen war nach ein paar Tagen wieder repariert. Eineinhalb Jahre und 64.000 Kilometer später war mein Isar immer noch in sehr gutem Zustand und ohne einen Kratzer. Aber ich fühlte, dass der Wagen zu klein für meine langen Fahrten war und hatte genug von den Volkswagen, die mich immer überholten. Es war Zeit den Wagen zu wechseln.

Mein dritter GLAS

Ende 1964 gab es einige Alternativen für Autokäufer. Zusammen mit Skoda und GLAS bot Helkama- Auto auch Hansa und Alfa Romeo an. Aber von GLAS kam der sportliche 1204 auf den Markt. Verglichen mit den früheren Modellen war dies ein richtiges Auto. Es kostete 9.000 FIM und die Konkurrenten wie Opel Kadett S1000, Ford Cortina 1200, Datsun Bluebird 1200 und Neckar Europa 1200 kosteten alle weniger als 8.000 FIM. Ich wählte schließlich den GLAS. Das Zubehör ( Drehzahlmesser, Sitzgurte, Zusatzlampen, Spikereifen ) erhöhten den Preis um 500 FIM. Der Händler gab mir 4.500 FIM für meinen zwei Jahre alten Isar ( die letzten neuen Isars waren für den Preis von 6.000 FIM verkauft worden). Am ersten Januar 1965 wurde mein neues Auto mit folgenden Daten zugelassen:
GLAS 1204 Limousine, Fgst. Nr.: 612 - 012488, Kennzeichen: IE-681, Farbe: weiß
Auf der Straße war der GLAS wie ein Sportwagen. Laufend konnte ich andere Wagen überholen. In diesen Zeiten gab es keine Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den finnischen Straßen. Nur in Bevölkerungszentren musste man genau aufpassen. Meine normale Reisegeschwindigkeit war im Winter gerade 120 km/h (angezeigt auf dem Tachometer. Die wahre Geschwindigkeit war über 110 km/h). Die Spikereifen hatten lange Spikes, so dass sie sehr sicher auf rutschigen Straßen waren, aber sie waren auch sehr selten.
Trotzdem war ich nicht zufrieden mit dem Wagen. Er brannte fast, als ich ihn vom Händler abholte. Ein Kabel unter dem Armaturenbrett schmorte, so dass ich zur Werkstatt zurückkehren musste.
Mit diesem Wagen war es nicht das einzige Mal, dass ich die Werkstatt besuchen musste. Das individuelle, was ich bekam hatte so viele Mängel, dass er kontinuierlich in der Werkstatt war. Alle Gummiteile waren hart und porös. Die Dichtungen rissen, die Rohre leckten, die Scheibenwischergummi sind gerissen, an den Scheiben trat Wasser ein, Gummiklammern ratterten, der Kühler leckte, die Kabelisolierungen zerbröselten usw.
Ich glaube der Grund für diese Mängel war, dass der Wagen lange an einem kühlen Platz gestanden hatte bevor ich ihn bekam. Glücklicherweise hatte der Wagen Garantie, aber als der Auspuff gegen die Karosserie rieb, die Kupplung kaputt ging und die Spikes gegen die Kotflügel rieben hatte ich genug. Nach nur fünf Monaten und 27.400 Kilometern wechselte ich den Wagen in einen identischen GLAS 1204 und zahlte 1.100 FIM.
Das alles war sehr ärgerlich, aber diese schlechten Erinnerungen wurden bald durch die Freude, die ich mit später mit meinen GLAS Automobilen hatte, zerstreut.

Mein vierter GLAS

Anfang Juni 1965 übernahm ich mein viertes Fahrzeug bei Auto-Helkama in Turku. Der Händler versicherte, dass der Wagen gerade importiert war und nicht so lange gelagert war wie das Vorgänger-Exemplar. Die Zulassungsdaten vom 05.06.1965 waren:
GLAS 1204 Limousine, Fgst-Nr: 612 - 017744, Kennzeichen: HVH-8, Farbe: hellgrau
Mein Aufgabengebiet war in ganz Finnland verteilt und es war sehr angenehm mit dem GLAS im sommerlichen Finnland zu fahren. Es war auch einer der schnellsten Wagen in seiner Klasse. Mein Arbeitskollege versuchte mich einmal mit seinem neuen amerikanischen Rambler abzuhängen. Er hatte keinen Erfolg damit. Der kleine GLAS hörte nicht auf, obwohl der Tacho bereits 155 km/h anzeigte. Die Höchstgeschwindigkeit des amerkanischen Rambler 220 mit 3,3 Liter Sechszylindermotor war nur ungefähr 140 km/h (auf dem Tacho standen viel höhere Geschwindigkeiten). Die andere schöne Sache am GLAS war, dass er eine absolute Rarität war. Man konnte nicht jeden Tag solche Fahrzeuge sehen. Helkama-Auto Oy importierte 1965 nur hundert GLAS, darunter auch einige 1700er Limousinen.
Der GLAS fuhr das ganze Jahr sehr gut. Die einzige größere Ausgabe waren die Reifen. Während 52.000 Kilometern verbrauchte ich sieben Sätze Reifen. Der Benzinverbrauch war fast immer genau 8 Liter/ 100 km. Eigentlich war der Benzinverbrauch unabhängig vom Wetter, ob Sommer oder Winter, ob Autobahn oder Stadtverkehr, ob schnelle oder langsame Fahrweise. Natürlich stimmte das nicht wirklich. Im Testbericht von Tekniikan Maailma variierte der Benzinverbrauch von 6,2 bis auf 10,2 Liter auf 100 Kilometer.

Mein fünfter GLAS

Nach einem Jahr war es wieder so weit meinen Wagen zu wechseln. Ich verhandelte mit einigen Autohändlern, doch letztendlich machte Auto-Helkama in Turku das beste Angebot für meinen alten Wagen. Der Preis für einen neuen 1204 war in einem Jahr um 500 Finnmark ( FIM) gestiegen und er kostete jetzt 9500 FIM. Wir vollzogen den Tausch und die Differenz war nur 2400 FIM inklusiv einer langen Zubehörliste: Überführungskosten, Zweipunkt-Sicherheitsgurte, zweiter Außenspiegel, Drehzahlmesser, Umbau von Nebelzusatzscheinwerfern (die Lampen wurden von meinem alten Wagen verwandt), Rückfahrscheinwerfer und einem Sportauspuff. Dadurch bekam der Wagen mehr Bodenfreiheit, einen besseren Auspuffsound und mehr Power. Zusätzlich war der Schalthebel speziell gebogen, so dass er besser in der Hand lag und die Kabel des Temperaturmessers waren mit einem Plastikstrumpf geschützt.
Der Wagen wurde mit folgenden Daten am 18.06.1966 zugelassen:
GLAS 1204 Limousine, Fahrgestellnummer: 612 - 017711, Kennzeichen: HFH-94
Die Fahrgestellnummer sagte aus, dass dieser Wagen mit der gleichen Importladung gekommen war wie mein vorhergehender Wagen. Auf dem Heimweg besuchte ich die Esso Tankstelle in meiner Heimatgemeinde. Sie führten eine Rostschutzvorsorge bei meinem nagelneuen Wagen durch, obwohl von der Werbung die Rostschutzvorsorge mit Teroson ab Werk angepriesen wurde.
Im Winter erfreute ich mich an dem guten Handling von dem GLAS. Es war fremd, dass ein Wagen mit niedrigem Gewicht und Heckantrieb so gut durch 10 - 15 cm hohen Schnee kam. Er war mit dem Driften der Hinterräder sehr einfach zu händeln. Eine besondere Eigenschaft war, dass der Wagen, nachdem er ins Rutschen gekommen war, sich selbst korrigierte. Als ich einmal im Winter in eine Kreuzung rutschte, ließ ich auf Höhe der Kreuzung das Lenkrad los, und der Wagen fuhr um die Kurve wieder in die richtige Spur.
Die Heizung war für den finnischen Winter nicht ausreichend genug, deshalb bauten wir uns ein zentrales Heizungssystem in den Wagen. Sechs Meter Kupferrohr 10/12 war auf dem Boden verteilt. Die Kühlflüssigkeit floss über das Thermostat in die Rohre. Die Schwierigkeit war dabei das System zu entlüften. Wir waren zuerst nicht sehr erfolgreich damit bis wir den Vorderwagen anhoben und den Motor laufen ließen. Die Rohre schmolzen ebenfalls Schnee, der mit den Schuhen ins Auto kam. Dadurch wurde der Boden nass. Einmal fragte ich den Beifahrer, ob die Rohre noch warm sind. Er berührte die Kupferrohre, erschreckte sich und schwor, dass die Rohre 60- 70 Grad warm waren.

Mein sechster GLAS

Als der Tacho meines 1204 im Frühjahr 1967 54.000 km anzeigte, dachte ich, dass wieder die Zeit gekommen wäre den Wagen zu wechseln. Ich entschied, dass mein nächster Wagen ein GLAS 1700 werden sollte. Die Neuwagen waren etwas zu teuer für mich, aber die ersten gebrauchten kamen gerade auf den Markt.
Im Juni 1967 fand ich eine gut aussehende helle Limousine. Der Tacho zeigte weniger als 40.000 Kilometer an (später hatte ich den Verdacht, dass es nicht stimmt!) und der Wagen war sehr gepflegt. Es war lediglich das Brandloch einer Zigarette in einem vorderen Sitz. Die Probefahrt war in Ordnung. So bezahlte ich 3.000 FIM in bar und ließ meinen GLAS 1204 bei dem Gebrauchtwagenhändler. Auf dem Heimweg dachte ich, dass ich einen Luxuswagen fahre. Der Wagen war mit folgenden angaben registriert:
GLAS 1700 Limousine, Fahrgestellnummer: 112 - 004162, Kfz-Kennzeichen: IJI - 41 (vorher MJV - 66), Erstzulassung: Januar 1966, Farbe: hellbeige
Ich hatte viel Freude, den Wagen zu fahren. Der 92 PS Motor und das gute Drehmoment ergaben eine kraftvolle Beschleunigung. Das Kurvenverhalten war nicht so gut wie bei den kleinen GLAS, aber ich bemerkte, dass sich der Fahrer dem Wagen anpasste.
Meine Autofahrt war nicht mehr so wild, obwohl ich schnell fuhr. Der Wagen hatte ein würdiges auftreten. Die elegante und repräsentable Frua- Karosserie erhöhte das Ego des jungen Mannes. Die helle Farbe und die luxuriösen Zierleisten waren für jedermanns Geschmack.
Aber mit der Technik hatte ich viele Probleme. Es war kaum zu glauben dass dieser GLAS nur 40.000 km gelaufen war. Der Ölverbrauch war zu jeder Zeit 1,5 l / 1000 km. Die Bremsanlage musste jede Woche entlüftet werden. Und viele kleine Fehler. Im August hatte ich dann einen größeren Schaden. Die Kompression bei zwei Zylindern war schlecht - Ventilschaden. Ein Freund von mir hatte eine kleine Werkstatt und dort fanden wir noch mehr Dinge, die repariert werden mussten. Man musste die Zylinder hohnen und die Kolbenringe und Kurbelwellenlager austauschen.
Ich bewunderte, wie schnell der Motor in seine Einzelteile zu zerlegen war. Der Zusammenbau ging jedoch nicht so schnell. Dann realisierte ich „Oh, das war mein erster Zusammenbau". Ein paar Tage später bezahlte ich ihm 500 FIM und fuhr zufrieden mit meinem reparierten Motor nach Hause.
Aber diese Freude war nur vorübergehend. Eineinhalb Monate und 13.000 km später zeigte der Motor schon wieder schlechte Zeichen. Am selben Tag hörte ich in den Nachrichten, dass die Finnische Mark am Vortag stark abgewertet worden ist. Das bedeutete, dass der Preis für Neuwagen um 25 - 30 % gestiegen ist. Genug schlechte Nachrichten für einen Tag!
Nach den letzten Erfahrungen wurde ich schlauer und besuchte eine bessere Werkstatt. Eine ehemalige Mercedes Werkstatt war bekannt für gute Qualität und nebenbei war der Werkstattbesitzer der Onkel meiner Frau. Der Mechaniker bewertete, dass alle bisherigen Reparaturen noch einmal gemacht werden mussten, da die bisherige Werkstatt alles falsch gemacht hatte. Er machte die Arbeit anders als der vorhergehende Mechaniker. Er zerlegte die Einzelteile sehr langsam und prüfte alles. Andererseits machte er den Zusammenbau wieder sehr schnell. Dieses Mal kostete die Überholung 400 FIM.
Nach vier Monaten und 21.000 km wurde das Auto so teuer, dass ich plante es gegen einen neueren Wagen einzutauschen. Das einzige Problem war, dass Auto-Helkama in Turku nicht daran interessiert war, meinen GLAS 1700 in einen neuen einzutauschen.
So musste ich den Wagen selbst verkaufen. Ich setzte eine kleine Anzeige in die Zeitung und erhielt nur eine Antwort, aber das war genug. Nach einer langen Probefahrt machten wir einen Vertrag über 8.000 FIM.
Da der Käufer eine Finanzierung für den Wagen über Auto-Helkama benötigte, machten wir eine Vereinbarung, dass der endgültige Vertrag den nächsten Montag in Turku gemacht würde.
Am Montag fuhren wir zusammen mit dem Wagen nach Turku. Aber während der Fahrt machte dieser GLAS seinen letzten Streich. Plötzlich hörte ich aus dem Motorraum: "Cramb, lan, lan, cramb, lan.....". Ich stoppte den Motor und öffnete den Steuergehäusedeckel. Dort fanden wir eine Sammlung von kleinen Teilen. Eine Kipphebelschraube und ein Kipphebel waren gebrochen. Ich war tatsächlich überrascht als der Käufer sagte: „Machen Sie sich nichts daraus, diese Wagen sind nur technische Geräte." Glücklicherweise wurde der Handel nicht storniert!
Der defekte GLAS wurde zu Auto-Helkama Skoda abgeschleppt. Dort zahlte ich 160 FIM für das Abschleppen und die Motorreparatur und 3.000 FIM Differenz auf den neuen GLAS 1304. Das war das letzte Mal, dass ich etwas von diesem Glas 1700 sah.

Mein siebter GLAS

Soweit ich weiß, war dieser GLAS 1304 CL der letzte, der in Finnland verkauft wurde. In dem Wagen waren mehrere BMW Aufkleber über den GLAS Zeichen.  Im Herbst 1967 wurde die finnische Mark abgewertet. Das bedeutete, dass die Preise für Neuwagen 25 - 30 % stiegen. Alle Importwagen wurden von den Autohändlern vor der Abwertung ausverkauft und ich dachte, dass es unmöglich sei einen Wagen zum alten Preis zu finden. Aber Auto-Helkama in Turku hatte einen GLAS 1304 in Kokkola, der auf Wechsel finanziert, und gerade auf den Weg nach Turku war. Der Preis des Wagens war 11.900 FIM und ich bekam 2 % Nachlass. Die zusätzlichen Kosten waren: Fracht 50 FIM, Rostschutz 80 FIM und Hakkapeliitta Spike-Reifen für 320 FIM. Sicherheitsgurte waren im Preis inbegriffen. Der Wagen wurde am 23.10.1967 mit folgenden Daten zugelassen:
GLAS 1304 CL, Fahrgestellnummer 612- 035892, Kennzeichen: IPL-52, Farbe: weiß
Dieser Wagen war mein angenehmster GLAS. Auf der großen Ablage hatte ich eine A1-große Mappe für meine Konstruktionszeichnungen. Ich installierte mein "zentrales Heizungssystem" ebenfalls in diesen Wagen. Wenn ich im Winter allein fuhr hielt das zentrale Heizungssystem alle Scheiben frei. Wenn ich einige Personen an Bord hatte war das System nicht ganz so effektiv.
Leistung und Handling dieses Wagens waren sehr sportlich. Die Haltbarkeit war sehr gut und der Wagen hatte nicht viele Reparaturen. Es war nur eine größere Reparatur notwendig: Einmal war ich auf dem Weg nach Turku. Auf der Straße war ein größerer Anstieg. Als ich bergauf fuhr wollte ein Ford Escort GT mir zeigen, wie mein armer GLAS hinter ihm blieb. „Da machst Du aber einen Fehler" dachte ich mir. Auf der halben Höhe des Berges ich sehr nahe am Escort GT,  als er plötzlich langsamer wurde und ich musste hinter ihm bleiben. Ich bemerkte auch, dass der Motor unruhig lief. Die Nacht blieb ich bei meinen Eltern und am nächsten Morgen sprang der GLAS nicht an. Mein Vater schleppte mich mit seinem Fiat 600 zur Werkstatt von Auto-Helkama in Turku. Sie stellten fest, dass ein Kolben durchgebrannt war.
Die Reparatur dauerte drei Wochen weil Helkama-Auto nicht sehr viele Ersatzteile in Finnland hatte. Glücklicherweise hatte mein GLAS noch Garantie und Auto-Helkama lieh mir einen Isuzu Bellet 1500, während sie auf die Ersatzteile warteten. Zu dieser Zeit gab es ein Jahr Garantie auf den Wagen, während andere Wagen nur sechs Monate hatten.
Ich fuhr den GLAS noch ein Jahr, aber im März 1969 nach eineinhalb Jahren und 91.000 km war es wieder Zeit den Wagen zu wechseln. Japanische Autos hatten ihren Einzug gemacht und Auto-Helkama tauschte meinen Wagen in einen neuen Isuzu um. Das Fahren eines japanischen Autos war nicht so individuell wie im GLAS. Immer wenn ich einen GLAS sah hatte ich Wehmut. Zuletzt sah ich einen 1304 bei einem Eisrennen in Jokioinen. In dem Rennen war der GLAS zweiter hinter einem Japaner. Dieser GLAS war ebenfalls weiß und ich ärgerte mich, dass ich nicht die Fahrgestellnummer dieses Wagens geprüft habe.
Was wäre wenn.....?
Über zehn Jahre später hatte ich meinen letzten GLAS. Es war wieder ein Isar.

Mein achter GLAS

Einige Jahre nach meinem siebten GLAS hatte ich immer noch eine Vorliebe für diese Autos. Deshalb begann ich die Suche nach einem entsprechenden GLAS für mein Hobby. Während meiner Arbeit reiste ich viel durch Finnland und sah einige herrenlose GLAS. Aber ich war nicht gewillt ein großes Restaurierungsprojekt zu starten. Schließlich fand ich im Spätsommer 1982 in der Nähe von Tampere einen Isar T 700 Bj. 1962. Für ein 20 Jahre altes Auto war er sehr gut erhalten. Er war noch zugelassen und täglich als Zweitwagen der Familie in Gebrauch. Der geforderte Preis war fürchterlich hoch: 5.000 FIM (Neue japanische Kleinwagen kosteten ungefähr 30.000 FIM). Wir handelten einige Wochen um den Preis und einigten uns schließlich auf 3.600 FIM. In diesem Preis war ein zweiter Motor und eine Kiste voll verschiedener neuer Ersatzteile enthalten. Diese Teile wurden einst bei einem Ausverkauf von GLAS-Teilen gerettet.
Der Wagen sah sehr schön aus. Er war vor einigen Jahren zweifarbig neu lackiert und schaute aus wie die Isar T 600, die in den späten 50er Jahren nach Finnland importiert wurden. Die Frau des bisherigen Besitzers hatte den Innenraum mit feinem Frottee bezogen. Der Kofferraum war ebenfalls überzogen. Das Ergebnis des Bezugs war sehr schön, jedoch akzeptierte der TÜV dies nicht. Ich meldete diesen Isar mit folgenden Informationen an:
Goggomobil Isar T-700/2000 sedan, Fahrgest. Nr.: 60-073590, Typ 2000-58, Kennzeichen: HKP-674, Erstzulassung: 1962, Farbe: grün-beige
(Meine Freunde machten sich einen Spaß mit dem Kennzeichen: HKP-674 = Herr Kännö's Projekt)
Ich glaube, dass die Fahrgestellnummer aussagt, dass dieser Wagen Ende 1962 gebaut wurde, aber es war ein Modell 1963 (größere Rückleuchten, aber ohne die Zierleisten und Radkappen des De Luxe- Modells). Auch musste ich einige Reparaturen durchführen. Ich reparierte die rostigen Schweller und musste auch einige Bremsreparaturen durchführen. Mit Ausnahme dieser Arbeiten benötigte der Wagen nur kleinere Reparaturen. Einmal auf dem Weg zum TÜV knallte das Auspuffrohr vom zweiten Zylinder. Das Geräusch war furchtbar. Trotzdem kam mein Isar durch den TÜV. Der Beamte sagte nur: „Ich glaube, dass Sie mit diesem Geräusch nicht lange fahren werden". Natürlich hatte er recht!
Mein Isar blieb im Winter stehen und im Sommer erfreute mich die Nostalgie. Ich nahm an Oldtimertreffen teil und die ersten Jahre traf ich einige andere Isar Fahrer. Dieser Isar T 700 war annähernd 15 Jahre in meinem Besitz. Ich fuhr ungefähr 10.000 km und 1997 zeigte der Tacho 60.000 km an (ich vermute, dass es wirklich 160.000 km waren). Die Seltenheit des Wagens stieg jedes Jahr, doch genauso stiegen die Rostschäden. Und dann, fast zum 35. Geburtstag des Isars, wollte ich ihn verkaufen. Ich setzte eine Anzeige in verschiedene Magazine und verlangte 4.000 FIM.
Im Spätsommer 1997 bot mir ein Mann aus Südfinnland 3.000 FIM. Das Angebot war nicht besonders gut, aber nach allem verkaufte ich ihn. Nach diesem Tag hörte ich nie wieder etwas über diesen Wagen. Es geht das Gerücht herum, dass in einigen Oldtimerbörsen in Südfinnland fremde Wagen angeboten wurden - eins der Fahrzeuge sei ein Wagen namens Isar.