09.02.2022

Durchs Vogtland und auf den Harz

Das Berliner Organisationsteam lud zu einer perfekt organisierten mehrtägigen Tour ein. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnten die Teilnehmer – alle waren geimpft oder genesen – endlich ihre Oldtimer wieder in Bewegung setzen. Wegen der Corona-Einschränkungen im Frühjahr war das sowohl ein An- wie auch Abgläsern, denn der Start war erst in der letzten Septemberwoche 2021. Kerstin Richter war dabei und erzählt von ihren Eindrücken.

Lieber Rosen oder doch Museum?
Am ersten Tag, einem Dienstag, hatten wir die Qual der Wahl: Rosengarten oder Panoramamuseum?
Auf einem Hügel in der Bergbaustadt Sangerhausen liegt das Europa-Rosarium. Dort wachsen seit 1903 etwa 8.700 verschiedene Rosenarten an unglaublich 80.000 Rosenstöcken. Ein Paradies nicht nur für nektarliebende Insekten, sondern auch für alle Besucher.
Das spätbarocke Humboldt-SchlossDie geschichtsinteressierten Oldtimerliebhaber entschieden sich für die Besichtigung des Panorama Museums in Bad Frankenhausen. Hier wird man in die Zeit der Bauernkriege entführt. Der Ort ist nicht von ungefähr gewählt, denn um 1525 fand dort die letzte bedeutende große Schlacht des Bauernkrieges statt.

Zum Abendessen im Hotel reisten dann noch weitere Gäste an und das An- und Abgläsern konnte nun offiziell beginnen. Die Freude über das Wiedersehen nach so langer Zeit war groß. Bei einem Gläschen Wein oder Bier gab es viel zu erzählen bzw. zu fachsimpeln.

Dampfmaschine und Bergbau
Nach einem üppigen Frühstück kamen heute besonders die technikbegeisterten Teilnehmer auf ihre Kosten. Mehr als 800 Jahre wurde im Mansfelder Land Kupferbergbau und Verhüttung betrieben. Das Mansfeld Museum im spätbarocken Humboldt-Schloss gibt Auskunft über diese Epoche. Hier wurden wir in verschiedene Gruppen aufgeteilt, die sich abwechselnd die Ausstellung im Schloss, die Dampfmaschine oder einen der Lüftungsschächte der Bergbaustollen ansahen.

Vortrag zur DampfmaschineDas Herzstück des traditionsreichen Museums ist der originalgetreue Nachbau der ersten deutschen Dampfmaschine. Die Originalmaschine wurde bereits 1785 in Hettstedt in Betrieb genommen und basierte auf dem Prinzip von James Watt. Auch damals gab es schon Industriespionage…

Auch die Geschichte des Kupferbergbaus wurde thematisiert. Dass Alexander von Humboldt nicht nur Naturforscher war, sondern auch Verdienste bei der Entwicklung des Bergbaus erlangte, eine „Freie Bergschule“ mit unentgeltlichem Unterricht gründete und sich um die Bergbauinvaliden kümmerte, war sicher nicht nur mir neu.

Auf der Weiterfahrt besuchten wir noch kurz das Elternhaus Luthers, in dem der spätere Reformator seine Kindheit verbrachte. Diese Stopps bei unseren Touren sind immer gut ausgesucht und organisiert. Wenn uns dann noch kompetente Angestellte interessante Geschichten zu den Objekten erzählen, dann ist so ein Ausflug perfekt.

Geschichte macht hungrig. Unsere Organisatoren wissen das und hatten Plätze und ein deftiges Mal (Biergulasch mit Semmelknödel), das wahrscheinlich auch Luther geschmeckt hätte, auf der Terrasse des Böhmischen Spezialitätenrestaurants Rammelsburg bestellt. Bei noch herrlichem Sonnenschein und weitem Blick auf die wunderschöne Landschaft konnten wir den Abend genießen.

Beim Kyffhäuser
Oldtimervergleich

Am Donnerstag ging es hinauf zum Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal, kurz Kyffhäuser Denkmal genannt. Normalerweise muss man dort zu Fuß hinauf. Dank unserer Organisatoren wurde für unsere Oldtimer eine Ausnahme gemacht.
Dort oben unter dem strengen Blick des preußischen Kaisers Wilhelm I. und vor einer atemberaubenden Landschaft, stellten wir die Oldtimer fotogen auf. Vier Oldtimerfahrer setzen Ihre Autos besonders in Szene, um deren Vorzüge herauszustellen, und sie dann dem interessierten Publikum zu präsentieren. Dieses Mal traten an: Alfa Romeo Giulia gegen BMW 1600-2 und BMW 745i (E23) gegen Mercedes 280 SE (W116). Ein wirklicher Sieger konnte nicht festgestellt werden, aber darum ging es auch nicht. Alle Autos haben ihren Charme.

Der KyffhäuserDer Kyffhäuser ist nach dem Völkerschlachtdenkmal in Leipzig eines der größten Nationaldenkmale in Deutschland. Ein natürlich von Terrassen umgebener Steinbruch an der Ostseite des Denkmals bildet die Kulisse für den in Stein gemeißelten Barbarossa. Zu Füßen der 6,5 m hohen Figur des Barbarossa sieht man den Hofstaat, Ritter und Fabelwesen, mit denen Barbarossa in seinem unterirdischen Schloss schlafend auf seine Wiederauferstehung wartet. Aufwachen wird er der Sage nach erst, wenn die Raben nicht mehr um den Kyffhäuserberg herumfliegen. Bis jetzt fliegen sie noch…

Wer die 247 Stufen im Turm emporgestiegen ist, wurde bei Kaiserwetter mit einem fantastischen Blick bis zum Brocken und zu den Höhenzügen des Thüringer Waldes belohnt. Im Turm konnte man sein Wissen in einer Ausstellung zur Geschichte der Weimarer Republik, dem 3. Reich und der DDR-Zeit erweitern.

Kontrast: Museum – KZ-Lager
IFA Fahrzeug- und Trecker-Museum NordhausenDann ging es weiter ins IFA Fahrzeug- und Trecker-Museum Nordhausen. Heute sind sie nicht mehr auf den Feldern und Straßen zu sehen: Die „Brockenhexe“, der LKW W 50 oder die Fahrräder von IFA. In diesem Museum sehen wir sie alle wieder oder auch zum ersten Mal. Nach dem wir uns mit Würstchen und Kaffee gestärkt hatten, setzte sich die Karawane wieder in Bewegung.

Diesmal bis zu einem Ort, auf den wir nicht stolz sein können. Die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Hier wurden schreckliche Verbrechen an Menschen verübt. Es ist wichtig, dass solche Orte, die Geschichte lebendig erzählen, um nicht zu vergessen und daran immer wieder erinnert zu werden, wozu blanker Hass und Verblendung fähig sind. 20.000 Menschen starben an Unterernährung, Entkräftung, an Krankheiten, viele schon bei der Errichtung des Lagers.

Ostdeutsches Fahrzeugmuseum BenneckensteinNach dem Stopp an diesem bedrückenden Ort fuhren wir weiter ins Ostdeutsche Fahrzeugmuseum im idyllisch in die Harzer Landschaft eingebetteten Ort Benneckenstein. Der Ortsnamen stammt der Sage nach von einer alten Frau, die sich im Schneesturm ausruhen musste und dabei einschlief. Ein Wanderer kam des Wegs und setzte sich auf einen vermeintlichen Stein. Die alte Frau schreckte auf und rief: „ Ben eck en Stein?“

Seit 20 Jahren sammelt das Museum Alltagsgegenstände, Spielzeug, Militärtechnik, Motorräder, Autos und Zubehör aus 40 Jahren DDR-Geschichte. Es gibt rund 4.000 Exponate auf etwa 1.700 m² Ausstellungsfläche zu bestaunen. In der Freifläche findet man Relikte aus dem „Kalten Krieg“ wie Panzer und diverse Militärfahrzeuge, eine Originalabhörkuppel vom Brocken und sogar einen U-Boot-Turm im Waldteich.

Von dort aus fuhren wir nach Braunlage und checkten im Hotel ein. Es gab wieder ein gemeinsames Abendessen und natürlich auch den traditinellen Absacker an der Hotelbar.

Der Brocken ist unser Ziel
Geburtshaus des „Schierker Feuerstein“Nach einem ausgiebigen Frühstück rollten die Oldtimer aus der Tiefgarage und weiter ging es zu neuen Abenteuern. Um es vorweg zu nehmen: Nein wir hatten gestern keinen Drink zu viel, das Abendessen war auch sehr gut. Trotzdem führte uns heute unser erster Weg in die Apotheke. Um es genau zu sagen, in das Geburtshaus des „Schierker Feuerstein“. Der Apotheker Willy Drube wollte 1908 die Kurgäste von „Magendrücken“ befreien und mixte einen Kräuterbitter zusammen, der unter dem Namen Schierker Feuerstein überregional bekannt wurde.

 

Auf dem Weg zum BrockenNachdem jeder seine Fläschchen im Kofferraum verstaut hatte, fuhren wir zum heutigen Höhepunkt des Ausfluges: Dem Brocken, dem „Berg der Deutschen“.
Der Brocken ist 1.141 m hoch und von weitem gut sichtbar. Da er an über 300 Tagen im Jahr im Nebel liegt und der Sturm über ihn hinwegfegt, ranken sich viele Sagen und Gruselgeschichten um ihn. Der Glaube an das Brockengespenst und andere Geister lehrten vielen Wanderern das Gruseln. Und doch zieht er heute magisch die Touristen an.
Hinauf ging es nicht zu Fuß, sondern mit der Brockenbahn, die seit September 1991 wieder in Betrieb ist. Ab August 1961 wurde der Brocken zum militärischen Sperrgebiet und war für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Dort befanden sich zwei große Abhörstationen, die fast den gesamten Funkverkehr aus Westeuropa erfassen konnten und dem sowjetischen Militärgeheimdienst und der Stasi der DDR unterstanden. Nach dem Fall der Mauer wurde auf Druck von 6.000 Demonstranten der Brocken wieder für Besucher geöffnet. Die Anlagen wurden nach und nach abgebaut und der Berg renaturiert. Das Rathaus Wernigerode

Weiter ging’s nach Wernigerode, wegen der vielen farbenfrohen Häuser auch „die bunte Stadt im Harz“ genannt. Jeder konnte die Zeit dort verbringen, wie es ihm gefiel. Shoppen, Kaffeetrinken, köstliche Torten essen oder durch die kleinen Straßen und Gassen bummeln. Ein Muss für jeden Besucher ist das wunderschöne Rathaus mit dem Platz davor. Wer das nicht gesehen hat, war nicht in Wernigerode.

Besuch eines Erzbergwerks
Am Samstag führte uns die Tour zuerst nach Bad Harzburg. Mit der Burgseilbahn ging es in nur drei Minuten 483 m hinauf auf den Gipfel des Großen Burgberges. Dort steht die Canossa-Säule, die 1877 zu Ehren des Reichskanzlers Bismarck hier oben erbaut wurde. Von kriegerischen Zeiten zeugen heute noch die Ruinen der kaiserlichen Harzburg. Es war zwar kalt und windig, aber nicht neblig, so dass wir einen beeindruckenden Blick auf die Stadt und das Harzvorland hatten.

Erzbergwerk RammelsbergGLAS 1304 TS von Torsten VolklandtUnser nächstes Ziel war das Erzbergwerk Rammelsberg bei Goslar, welches seit 1992 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Es war über 1.000 Jahre zur Gewinnung von Buntmetallen in Betrieb. Hier hatten unsere Organisatoren eine Fahrt mit der Grubenbahn und eine 100 m lange Fahrt mit dem Schrägaufzug geplant.
Der Aufzug wurde 1936 für den Transport von Materialien hinauf zur Erzaufbereitungsanlage erbaut. Die Grubenbahn führt die Besucher in 5-minütiger Fahrt ein Stück in den Stollen hinein. Im Oldtimer sitzt man bequemer. So ein Bergmann war schon in der Bahn gefordert und die Erklärungen des Grubenführers machten deutlich, wie schwer die Arbeit der Bergleute war.

Interessante BesichtigungstourNach den interessanten unter- und oberirdischen Besichtigungstouren ging es wieder zurück nach Braunlage. Die Strecke führte durch eine wunderschöne Natur entlang des Oker Stausees, der größten Talsperre Niedersachsens.

Am Abend wieder in Braunlage angekommen, machten wir uns frisch für einen besonderen Kinoabend. Gezeigt wurde „Le Mans`66“, ein sehenswerter und spannender Film über das 24-Stundenrennen. Ein großartiger Abend, der einen schönen Abschluss unserer Tour bildete.

Am nächsten Morgen verabschiedeten sich die meisten Teilnehmer. Einige andere wollten nach Einbeck zum PS-Speicher. 100 Jahre AVUS waren für den Berliner Senat leider keine Ausstellung wert. Dabei gehört die Rennstrecke wie der Funkturm zu Berlin. Die AVUS-Ausstellung in Einbeck war liebevoll und detailverliebt gestaltet. Wir sahen nicht nur den legendären „HUDO“ von Heidi Hetzer, sondern auch einige andere Rennwagen und Exponate aus der 100-jährigen Geschichte der AVUS.
  Das Abschiedsgeschenk der TeilnehmerBei der Preisverleihung des Preisrätsels
Wir danken unseren Organisatoren und freuen uns auf 2022, dann hoffentlich ohne Corona.

 Weitere Bilder gibt es  >hier

 
Kerstin Richter

Fotos: Uwe Gusen