Umzug nach Berlin

Kurze Zeit später hatte Dr. Ziegler in Berlin ein geeignetes Grundstück gefunden und auch Investoren, die das Grundstück kauften und an die AWS vermieteten. Schätzle musste seine Maschinen in die Firma einbringen und erhielt dafür ein Darlehen von über 1,8 Millionen. Mark.
Ende 1971 zog die Fertigung und Montage nach Berlin um. Immerhin waren in Oberbessingen schon ca. 300 Fahrzeuge in Handarbeit gefertigt worden.
Von den Lloyd Motorenwerken kaufte Schätzle auch noch alle Fertigungsmaschinen zur Herstellung der 250 cm³ Goggomotors. Jetzt hatte man eine ideale Ausstattung, doch mit den notwendigen Facharbeitern tat man sich in Berlin sehr schwer. Gute Leute waren Mangelware und so musste man auf türkische und jugoslawische Gastarbeiter zurückgreifen. Trotz dieses Umstandes begann im Herbst 1972 die Nullserie.
Ziegler hatte sich nach dem Umzug nach Berlin total zurückgezogen uPräsentation der Berliner shopper Baureihend so musste Schätzle allein die Führung des Werkes übernehmen. Der Anlauf der Fertigung und die vielen Probleme wurden Schätzle mit der Zeit zu viel und er bat um die Einstellung eines kaufmännischen Geschäftsführers. Er selbst wollte nur technischer Geschäftsführer sein und die Probleme von Fertigung und Montage lösen.
Man stellte Werner Möller ein, der sich ab sofort um die finanziellen Probleme kümmerte.
Vor dem Produktionsstart hatte man schon Monate vorher sehr gute Pressearbeit geliefert. Die Berliner Zeitung (BZ) schrieb: „Berlin wird wieder Autostadt .......", „In Berlin entsteht ein neues Autowerk". Dazu schaltete die AWS halb- und ganzseitige Werbeanzeigen „Wir haben viel vor ..... 300 Mitarbeiter gesucht".
Zwei seltene Modelle: Das Cabrio und ...... der Industrie-TransporterAm 2.Januar 1973 war es dann endlich soweit und die Produktion des inzwischen in „shopper" umbenannten Wagens lief an. Man hatte dazu die ehemaligen Goggomobil Händler eingeladen. Über 100 Händler sagten zu. Unser Clubmitglied Bernhard Bergmann war als Jungunternehmer damals auch dabei. Er berichtet uns: „Es war eine beeindruckende Vorstellung. Es war ein Altberliner Buffet aufgebaut. Auf dem Gelände standen einige shopper zur Probefahrt bereit. Weiterhin war eine Palette bestehend aus Prototyp, Pickup, Jagdwagen und Werkstattfahrzeug ohne Kabine ausgestellt. Man hatte Studenten angeheuert, die innerhalb weniger Minuten mit der Bohrmaschine die Popnieten eines Seitenteils aufbohrten und wieder sekundenschnell neu vernieteten. Man konnte sehen, wie einfach alles war und die Teile waren auch sehr billig!"
Die Besucher waren begeistert und wollten schnell als erste ihre Bestellungen platzieren. Finanzier Ziegler drängte auf eine rasche Auslieferung der Fahrzeuge.

Es gab nicht nur finanzielle Probleme

So nahm die Sache ihren Lauf und die Unstimmigkeiten waren vorprogrammiert. Schätzle war Hans Dampf in allen Gassen, organisierte, beschaffte und half aus, wo er nur konnte. Die Ausbildung der 300 ungelernten Arbeiter am Band war ein großes Problem und Schätzle konnte dies mit nur sehr hohem Zeitaufwand bewältigen. Die unqualifizierte Arbeit erforderte hohe Nacharbeitskosten.
So kam man über eine Tagesproduktion von 20 bis 25 Fahrzeugen nicht hinaus.
Während Schätzle und Höhenwarter schufteten, träumten andere schon von derWeiße shopper fertig zum Abtransport Fertigung von Luxuslimousinen. Die kapitalgebenden Theoretiker waren in der Überzahl und so nahm Höhenwarter bald darauf seinen Hut und verließ die Firma. Auch der kaufmännische Geschäftsführer Möller hatte bald nichts mehr zu sagen und einer der Investoren, Günther Ristow, übernahm seine Aufgaben.
Schätzle erhielt nun täglich Vorwürfe und bald setzte man ihm einen Produktionsfachmann mit dem Titel eines Direktors vor die Nase. Dieser verkroch sich den ganzen Tag im Büro und erstellte Produktionspläne und Planungen auf dem Papier, doch mit der Umsetzung haperte es.
Ristow kaufte indessen neue Maschinen, obwohl Schätzle dies für unnötig hielt. Man benahm sich wie ein großer Automobilhersteller und setzte auf Abschreibungen. Der neue Produktionsdirektor schaffte es auch nicht, die Produktionszahlen wesentlich zu erhöhen, obwohl zwischenzeitlich 500 Mitarbeiter beschäftigt waren.
Im Herbst 1973 reichte es auch Walter Schätzle. Die Qualität der Fahrzeuge wurde immer schlechter. Dies lag an der Vielzahl der ungelernten Arbeiter, die es mit der Qualität nicht so genau nahmen. Er teilte dies der Geschäftsleitung mit und er verließ mit sofortiger Wirkung das Werk, um in seine Heimat nach Oberbessingen zurückzukehren.

Das Ende

Schätzle hatte, ohne es zu wissen, genau den richtigen Zeitpunkt gewählt, denn im Oktober 1973 setzte die Ölkrise ein. Das Benzin wurde knapp und teuer. Das Tempolimit wurde eingeführt. Die Autokäufer übten Zurückhaltung und der Autoabsatz ging drastisch zurück. Diese Entwicklung traf auch das AWS Autowerk in Berlin, obwohl der kleine Wagen mit niedrigem Spritverbrauch total im Trend lag.
Damit hatten die Manager nicht gerechnet. Hatten sie doch Investitionen wie ein großer Automobilbauer getätigt. Die Ausgaben stiegen schneller als die Einnahmen. Ende 1974 ging die Firma in Konkurs und die Produktionsmaschinen zur Fertigung des Goggomobils wanderten auf den Schrott. Nur ca. 1.800 sind von diesem kuriosen Kleinwagen gebaut worden.
Nachdem der Konkurs der Firma bekannt war, haben die Gläubiger versucht, alle gelieferten und nicht bezahlten Waren wieder aus dem Werk herauszuholen.
Bernhard Bergmann hat später von einer Metallverwertungsfirma in Berlin die Reste der Firma aufgekauft. Es waren immerhin mindestens vier bis fünf Fahrzeuge, über 100 Reifen, 100 Stoßstangen, Gitterboxen voll mit Dynastart-Anlagen, Motorenteile usw.
Damit war dann auch das letzte Kapitel des Goggomobils beendet.