Bill Buckle und die Buckle Motors Company
William Francis Buckle Junior kam 1926 in Melbourne auf die Welt. In seinem ersten Lebensjahr zog seine Familie nach Sydney. Bill Buckle Senior war Autohändler und hatte eine Vertretung für die französische Marke Amilcar. Um die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam zu machen, legte er die Strecke Sydney - Melbourne (877 Kilometer oder 544 Meilen) in 14 Stunden und 30 Minuten in einem 6 HP Amilcar (Einstufung des R.A.C. = Royal Automobile Club) zurück. 1928 unterschritt er den Rekord mit 13 Stunden und 16 Minuten in einem englischen Triumph 7 HP.
Das war eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass die Straße entlang Gummibäumen verlief und zum Teil - außer bei den Brücken – kaum vorhanden war.
1926 eröffnete Bills Vater die Buckle Motors (Trading) Company Pty Ltd in Sydney (siehe obiges Foto) in der William Street 119-129. Die Firma blieb dort bis 1961. Anfangs verkauften sie in diesen Geschäftsräumen Triumph und Talbot Autos. Über die Jahre nahmen sie die Vertretungen für Citroen, Armstrong Siddeley, Borgward, Goliath and DeSoto Lastwagen hinzu.
Bill wuchs in Mosman (Vorort von Sydney, 10 km entfernt) auf und besuchte die Küstenschule (Sydney Church of England Grammar School). Er hatte Spaß an Rugby, Leichtathletik und ruderte im Achter. Auch an der Schule hatte er viel Freude - aber nur bis zum Zwischenzeugnis. Er soll mal gesagt haben: "Dann entdeckte ich die Mädchen und das Segeln". Aber er schaffte es schon, sein Abschlusszeugnis zu erreichen (das ist das heutige 12. Schuljahr).
Nach Beendigung der Hochschule begann er eine technische Ausbildung in einer kolonialen Zucker-Raffinerie in Pyrmont, welche neben der neuen Anzac Bücke lag und einen Blick auf den Hafen von Sydney erlaubte. Durch den Tod von Bills Vater im Jahr 1947 entschied die Familie, dass Bill im Alter von 21 Jahren in das Familienunternehmen einsteigen soll. Er begann mit dem Handel von Ersatzteilen, dann kümmerte er sich um den Kundendienst und schließlich auch um den Verkauf. Während dieser Zeit fuhr Bill mit einem Citroen Light 15, mit dem er die Castrol Trophy gewann. Beim Bathurst Rundstreckenrennen, so erzählte Bill, soll der Citroen in den Kurven mit seinem Frontantrieb schneller gewesen sein als der Holden, der allerdings auf der Geraden dominierte.
1952 reiste Bill nach England und er entdeckte dort Sportwagen, die mit Fiberglas Karosserien gefertigt waren. Nach seiner Rückkehr nach Australien konstruierte und baute er einen Sportwagen. Dieser hatte ein bogenförmig zugeschnittenes Fahrwerk und einen 2,5 Liter Ford Zephyr Motor. Er war hoch getunt und mit einem Ford Renngetriebe und einem Laycock Overdrive ausgerüstet.
Die Karosserie war selbstverständlich aus Fiberglas in der Punchbowl (Vorort von Sydney) Fabrik hergestellt. Das Gesamtgewicht betrug 861 Kilogramm. Eine ungewöhnliche Ausstattung war, dass die Türen elektromagnetisch verriegelt werden konnten. Sie wurden über das Armaturenbrett mit Schaltern gesteuert. Das war sozusagen eine Zentralverriegelung viele Jahre vor ihrer Zeit. Der Wagen wurde Buckle Sports genannt und 24 wurden davon hergestellt. Über die Hälfte hat bis heute überlebt.
Bill war ein begeisterter Rennfahrer. Es freute ihn sehr, dass er auf der alten Orange Rennstrecke zwei Aston Martin DB3S schlug. Bill und der Buckle Sports hielten jeden Bergrekord in der GT-Klasse sowie den Rundenrekord in Bathurst, Orange, Catalina Park, Sandown und Lowood in Queensland. Er gewann auch die South Pacific Meisterschaft.
In den späten 1950er Jahren wollte er auf dem australischen Markt einen kleinen preiswerten Wagen anbieten. Seine Entscheidung fiel auf die Goggomobil Limousine. Das war der Beginn von Bill Buckles Goggomobil Geschichte.
Bill sprach kaum Deutsch und im Goggomobil Werk in Dingolfing wurde fast kein Englisch gesprochen. Bill erarbeitete mit Hans Glas schließlich in Deutsch, Englisch und "mit Händen und Füßen" eine Abmachung, dass Fahrgestelle, Motoren und Getriebe von Dingolfing geliefert werden und dass er dann in Australien die Karosserien aus Fiberglas in der Punchbowl Fabrik herstellen konnte.
Es wurde eine normale Goggo Limousine nach Australien geschickt, um davon Formen abzunehmen. Damit wurden dann bei Buckle Motors die Glasfaserteile gefertigt.
Die Karosserie wurde aus verschiedenen GFK-Teilen hergestellt, welche zusammengeklebt die fertige Karosserie ergaben. Das größte Problem bei der Herstellung der Teile für die Limousine waren die Türen. Sie waren ebenfalls aus Glasfaser, bestanden jedoch auch aus einer Vielzahl von Einzelteilen, die dann zusammengefügt werden mussten. Die größte Schwierigkeit dabei war die besondere Stärke des Glasfaserteils gegenüber dem Stahl. Die Türen mussten überall die gleiche Stärke haben, um innen Fensterhebermechanismus und Türschloss zu beherbergen. Hinzu kam, dass es zu dieser Zeit keinen Epoxydharzkleber gab, der die Türen zusammenhielt. So musste anstelle dessen der Epoxydharz die Teile zusammenhalten.
Bis zur Lösung des Problems hatte Bill entschieden, dass aus Dingolfing komplette Stahltüren mit allen Komponenten geliefert werden. Dadurch konnte er den Produktionsprozess in Australien pro Fahrzeug viel leichter und schneller durchführen.
Die Goggomobile wurden in einer Zeit von sehr starker industriellen Protektionswirtschaft in Australien hergestellt. Man muss daran erinnern, dass es die frühe Zeit von Holden und Ford war, die für die Produktion von allen australischen Fahrzeugen bestimmt waren. Dies wurde durch Einfuhrbeschränkungen, Importlizenzen und hohe Schutzzölle kontrolliert. Das war der eigentliche Grund, Karosserien für das Goggomobil lokal zu fertigen. Die restlichen Teile wurden in CKD-Sets (completely knocked down kits = Teilesätze) nach Australien geliefert. Je mehr Teile CKD geliefert wurden, um so niedriger waren die Einfuhrabgaben und Schutzzölle.
Als nächstes wurde ein Goggomobil Coupé importiert, um auch davon die Formen abnehmen zu können. Seltsamerweise wurde eine kleine Anzahl von metallenen Coupés aus Deutschland nach Adelaide importiert und dort verkauft.
Das Coupé war ein schön anzuschauender Wagen mit zeitgemäßem Design und der einzigartigen Besonderheit, einer großen, fast überdimensionierten Heckscheibe, die einen hervorragenden Rundumblick erlaubte. Während dieser Zeit wurden zerlegte komplette Stahltüren importiert, welches sicher ein Vorteil für den Wagen war. Die Innenausstattung war zweifarbig, wobei sich beide Farben in den Sitzen und den Türverkleidungen wieder fanden.
Hatte man früher einen Sportwagen, den Buckle Sports, gebaut, war jetzt das nächste Projekt ein kostengünstiger Zweisitzer, der junge Leute begeistern sollte. Das originelle Design vom Dart wurde von Bill entworfen. Stan Brown, ein Karosseriefachmann, der vorher bei Lotus in England gearbeitet hatte, erstellte ein Aluminiummodell, um hiervon die Formen abnehmen zu können. Ein anderer wichtiger Punkt zur Fertigung des Dart war, dass man ihn einfacher herstellen konnte. Es gab eine obere und eine untere Karosserieschale und keine Türen, über die man sich ärgern musste. Das ergab sogar eine gewisse Stabilität für die Karosserie. Weiterhin gab es separate Formen für Armaturenbrett, Scheinwerfertöpfe, hintere Lüftungseinlässe sowie für die Motorhaube. Die Zeit von der Konzeption bis zum Straßentest betrug nur fünf Monate.
Die Nachfrage nach diesem kleinen Spaßwagen war eindrucksvoll und übertraf die Produktionskapazitäten. Er war sehr gut angekommen und in verschiedenen Farbvarianten erhältlich. Es gab GT Streifen von der Front über die Haube bis zum Heck.
Als nächstes gab es eine Zweifarblackierung oberhalb der Gummileiste und darunter. Die häufigste Verzierung an der Front war ein schmaler Streifen vor der Windschutzscheibe, der sich bogenförmig bis unter die Hauptscheinwerfer verbreiterte. Hauptsächlich wurden aktuelle Farben von Holden verwendet, es sei denn, dass eine Sonderfarbe bestellt wurde.
Obwohl es der preiswerteste Sportwagen in Australien war, fragten viele Motor Magazine: „Ist es ein richtiges Auto?" - „ Warum hat es nur einen kleinen Zwei-Zylinder-Zweitakt-Motor, der viel Qualm ausbläst?" - „ Warum hat es eine seltsame Schaltkulisse und keine normale?" - „ Ist es ein wirklicher Sportwagen?" Die Kunden ließen sich aber nicht abschrecken, die Absatzzahlen sprachen für sich.
Das nächste Modell war der Carry-All Lieferwagen, von dem aber nicht viel gebaut wurden. Es ist eigentlich sehr schade, denn der Wagen war mit seiner großen Ladefläche und der seitlichen Ladetür seiner Zeit weit voraus. Man konnte ihn vom Bürgersteig aus be- und entladen. Um Platz zu sparen, gab es eine Rolltür, die beim Öffnen in den Dachbereich glitt. Der Unterteil der Karosserie, unterhalb der Gummileiste, war vom Dart. Das Dach war von einem FC Station Wagon abgeformt. Die Windschutzscheibe stammte ebenfalls vom FC. Es gab keine Beifahrertür. Der Beifahrersitz konnte abgeklappt werden und so kam man in den Laderaum. Der hölzerne Boden (Sperrholz) wurde auf die Höhe des Mitteltunnels gebracht, so dass eine durchgehende Ladefläche entstand. Die sehr weit vorn angeordnete Fahrerposition machte es notwendig, dass alle Kabel und die Gangschaltung im Mitteltunnel verlängert werden mussten. Da das Lenkrad so weit vorn saß, verband ein Zahnkranz mit Kette die Lenksäule und Lenkung.
Die Rücklichter wurden von einer Limousine horizontal angebracht. Eine innovative Ausstattung sind die Lüftungsschlitze, die an der Seite Luft zur Kühlung des Motors brachten. Diese Lüftungsschlitze sind heute noch in Haushaltswarengeschäften erhältlich.Das fünfte und letzte australische Goggomobil war das Coupé Convertible, in Europa als Cabriolet bekannt. Nur neun von diesem Typ wurden im Dingolfinger Werk gebaut, das Cabrio ging aber nie in Produktion. Die australischen Produktionszahlen sind nicht bekannt. Die im australischen Newsletter gesammelten Informationen sprechen von zehn bis fünfzehn. Beim deutschen Modell wurden ausschließlich Coupé-Teile verwendet, beim australischen Modell jedoch wurden außer der Coupé Karosserie auch Limousinenteile wie Räder, Tachometer, Schalter und Rücklichter verwendet. Die Türen waren vorn angeschlagen, anders als bei den deutschen Selbstmördertüren.
Beim Dach wurden dieselben Spriegel verwendet wie beim Dart, es war nur viel leichter zu öffnen. Die Fenster hatten das gleiche System der Metallrahmen wie der Dart. Die Verschlüsse, die das Dach vorn an der Windschutzscheibe festhielten, waren dieselben, wie sie bei aktuellen Koffern verwendet werden (diese Befestigungselemente sind heute nach mehr als 50 Jahren immer noch erhältlich).
Das einzige Problem beim Coupé Convertible war, dass Bodengruppe und Karosserie nicht steif genug waren. Auf unebenen Straßen oder beim Durchfahren eines Schlagochs sprangen die Türen häufig auf.Händler für das Goggomobil wurden in vielen australischen Staaten eingesetzt, z.B. Finlays in Victoria, Ericsons in Queensland oder Taylors in Südaustralien.
Der Todesstoß für das Goggomobil kam durch den Mini. Der hatte ein neues Konzept mit 4 Zylinder 4-Takt-Motor, mit vier Sitzen und er war kaum teurer als das zweisitzige Goggomobil mit 2 Zylinder 2-Takt- Motor. Dies war nicht nur in Australien so, sondern überall auf der Welt. Das Ende von Messerschmitt, BMW Isetta, Heinkel Kabine und allen anderen Kleinwagen war abzusehen.Buckle Motors und seine Vertretungen wurden 1961 an einen Investor aus Übersee verkauft.
Und der junge Bill hatte ein neues Projekt gefunden, nämlich den Umbau von Linkslenker- auf Rechtslenkerfahrzeuge für den australischen Markt (hauptsächlich USA Importe). Die Idee kam Bill durch den Kauf eines Chevrolet Stingray, den nur wenige Leute oder Firmen umbauen konnten.
Die neue Firma nannte sich Bill Buckle Auto Conversions. Zusammen mit Neil Mc Kay, der bereits mit Bill in der Goggomobil-Zeit gearbeitet hatte, wurden in der Werkstatt in Brookvale pro Woche vier Fahrzeuge umgebaut - ein beachtlicher Erfolg. Doch schärfere Gesetze und staatliche Kontrollen erschwerten ihnen die Arbeit.
Sie fanden einen neuen Beschäftigungszweig und bauten nun deutsche und andere Schiebedächer in australische Fahrzeuge ein. Bill entwickelte ein eigenes Schiebedach, das so fortschrittlich war, dass es eine australische Design-Auszeichnung bekam und weltweit patentiert wurde. Beim Besuch einer Pariser Autoausstellung war er entsetzt, als er feststellen musste, dass ein führender französischer Autohersteller seine Konstruktion geraubt hatte und in seine Wagen einbaute. Die Beschreibung des Schiebedachs in dem französischen Prospekt war Wort für Wort die gleiche wie im australischen Prospekt. Er informierte sofort seinen bevollmächtigten Patentanwalt in England. Dieser zeigte auf, welche Möglichkeiten ein Fremder aus Australien hat, der bei einem französischen Gericht gegen einen französischen Autohersteller klagt!
1964 eröffnete Bill eine Toyota-Vertretung (einer der ersten Händler in Australien und zugleich einen Ausstellungsraum in Brookvale. Bill besitzt heute noch einen 700 ccm Toyota Toyoglide, den er 1965 als Neuwagen an eine ortsansässige Dame verkaufte hatte und einige Jahre später in Topzustand wieder zurückkaufte. Der Wagen hat heute nach knapp 50 Jahren nur 20.000 Meilen auf dem Tacho.
Heute ist Buckle Motors Vertragshändler für Audi, Subaru, Toyota und Volkswagen. Es gibt große Ausstellungsräume, Ersatzteillager und Kundendienstzentren in Brookvale und Mona Vale. Den Firmenslogan „Nimm Buckle und lebe" oder „Nimm Buckle an Sydneys Nordstränden" sieht man als Aufkleber auf vielen Heckscheiben in ganz Sydney.Bill und seine Frau Alvia führen ein außerordentlich erfülltes Leben, wozu auch viele Enkelkinder gehören. Alvia liebt Golf, während Bill immer noch sein Auge auf Buckle Motors als Geschäftsführer wirft. Die beiden besitzen einen von Bill konstruierten 50 Fuß Katamaran. Jedes Jahr fliegen sie nach Italien und Sardinien zum Segeln und erwarten im Versorgungsboot mit der Crew die World Maxi Yacht Championship, wenn sie nach Australien einläuft. Er hat zwei Dart und sucht jetzt ein gutes Coupé.
Bills Kinder führen die Familientradition fort. Bill Junior ist der Hauptgeschäftsführer und Tochter Jane ist die Leiterin des Kundenservices. Beide sind Geschäftsführer von Buckle Motors, während Graeme, Janes Mann, Verkaufsmanager ist.
Bill ist mittlerweile weit über 80 Jahre alt und wenn man seine Energie, sein mentales Können und sein gutes Wesen mit Enthusiasmus und Lebensfreude zusammenzählt, könnte er bis zum Alter von 120 Jahren Geschäftsführer von Buckle Motors bleiben. Er hat sicherlich einen Ehrenplatz im australischen Motorsport verdient.
Vielen Dank an Alvia, Bill und die Buckle Familie, die die Hintergrundinformationen und Fotos für diesen Artikel zur Verfügung gestellt haben.
David Nobbs
(übersetzt von Uwe Gusen)