Der Roller leitete die Wende ein

Der Umsatz mit den Landmaschinen ging dramatisch zurück.  Man war gezwungen, sich nach neuen Produkten umzusehen. Bei der RollerproduktionBeim Besuch der Landmaschinenausstellung in Verona fiel Andreas Glas die große Anzahl Motorroller in den Straßen auf. Andreas erzählte Karl Dompert von den Motorrollern in Italien. Zusammen schmiedeten sie Pläne und bald war der erste Prototyp fertig. Der Beginn der Produktion war im Frühjahr 1951. Zwischenzeitlich hatte man auch einen Namen für den Roller gefunden: „Goggo". Dies war der Kosename des damals jüngsten Sprosses der Glas Familie.
Mit der Rollerproduktion erlebte das Werk einen steilen Aufstieg und bald überflügelte sie die Produktion der Landmaschinen. Bis 1954 wurden fast 47.000 Roller gebaut.


Der Goggo Roller wurde einer der meistgefahrenen deutschen Motorroller und verkaufte sich auch im Ausland gut. GLAS hatte den Aufstieg vom Landmaschinen- zum Fahrzeughersteller geschafft.

Mit dem Goggomobil kam der große ErfolgEin Blick ins Konstruktionsbüro

Der gute Verkaufserfolg des Goggo Rollers täuschte nicht darüber hinweg, dass auch der Zweiradboom der Nachkriegszeit nicht ewig währen konnte. Die Einkommen der Bürger stiegen und somit ihre Ansprüche an die Art der Fortbewegung. Der Trend ging unaufhaltsam hin zum Kleinwagen und mehr oder weniger erfolgreiche Hersteller dieser Mobile schossen in aller Welt wie Pilze aus dem Boden. Hans Glas erkannte auch diese Chance und ließ ab 1953 solch ein Fahrzeug entwickeln. Dabei wollte man dem Kunden keine merkwürdig geformte Fahrmaschine à la Messerschmitt oder Fuldamobil vorsetzen, sondern ein richtiges Auto, nur eben im Mini-Format. Ganz konnte man den Blick auf die Konkurrenz jedoch nicht unterdrücken und so wiesen erste Prototypen 1954 trotz normaler Pontonform eine Fronttür ähnlich der Iso oder der späteren BMW Isetta auf. Schnell wurde diese Idee wieder fallen gelassen.

Eines der ersten Goggomobile ...                     ... auf Testfahrt
Das nun „Goggomobil" getaufte Kleinstauto lief schließlich ab Anfang 1955 vom Band und der Erfolg dieses in der Tat hübschen Vehikels war so enorm, dass man trotz der täglich 150 gebauten Wagen die Nachfrage bei weitem nicht decken konnte.
Jubiläum - es darf gefeiert werden!Transport in alle Welt
Die Coupé FertigungDer Limousine mit 250 oder 300 ccm Zweitakt-Twin eigener Konstruktion folgten Varianten mit 400 ccm, ein Coupé und ein Kleinstlieferwagen. Montagelizenzen gingen nach Spanien und selbst nach Australien. Binnen kurzer Zeit wurde das GLAS Goggomobil zum weltweit erfolgreichsten Fahrzeug seiner Art mit einer Gesamtproduktion von am Ende über 280.000 Exemplaren. Es blieb nicht aus, daß angesichts dieser atemberaubenden Erfolgsgeschichte bei GLAS bald der Wunsch nach Höherem keimte. Mittlerweile war die Firma zu einem Unternehmen mit bis zu 4.000 Beschäftigten angewachsen, der Umsatz hatte sich von 1955 bis 1959 mehr als vervierfacht.

Mit dem Isar verließ man die Klasse der Rollermobile

1958 hatte man das Angebot um ein größeres Fahrzeug mit 600 oder 700 ccm Viertakt-Boxermotor erweitert. Dieses „Große Goggomobil", später GLAS Isar genannt, gab es als auch Kombi, es setzte sich aber nicht ähnlich vehement durch wie das kleine Goggomobil. Die Masse der Autokäufer drängte jetzt in die Mittelklasse und auch bei GLAS beschloss man dabei zu bleiben. Andreas Glas und Chefkonstrukteur Karl Dompert machten sich daran, in höhere Fahrzeugklassen einzudringen.

Das GLAS-Werk Anfang der 60er JahreEnde der fünfziger Jahre hatte es derweil Überlegungen gegeben, aus dem GLAS-Unternehmen, aus BMW und der Auto-Union, die „Bayerischen Autowerke" zu machen. Treibende Kraft hinter dieser Idee war der bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel, der auf diese Art die ums Überleben kämpfenden Bayerischen Motoren Werke und die in Schwierigkeiten steckenden Ingolstädter retten wollte. Doch Hans Glas, mittlerweile 69jährig und gesundheitlich schwer angeschlagen, war einer solchen Veränderung gegenüber nicht aufgeschlossen, so dass aus dieser Idee nichts werden konnte.

Nach 1959 wurden im Zweijahresrythmus immer größere GLAS Automobile vorgestellt

Die GLAS 04 Modellreihe machte 1961 den Anfang. Diese Fahrzeuge bestachen mehr durch die außergewöhnlichen Fahrleistungen als durch ihre etwas hausbacken wirkende Karosserie. Ein hochmoderner und sportlicher Vierzylinder-Reihenmotor mit durch Zahnriemen angetriebener oben liegender Nockenwelle beflügelte als 1000, 1200 oder 1300 ccm-Variante kleine Limousinen, Coupés, Cabrios und Kombi-Limousinen in insgesamt 16 Varianten. Die Kombi-Limousine, der GLAS CL, nahm dabei ein modernes Karosseriekonzept vorweg, das später unter anderem im BMW Touring der 02er Reihe wieder aufgegriffen wurde.

Mit Frua zuerst in die hartumkämpfte Mittelklasse ...

Für die nächsten Modelle im Bereich der Mittelklasse und Sportwagen suchte man daraufhin die Zusammenarbeit mit einem Karossier von internationalem Ruf. Die Wahl fiel schließlich auf das Unternehmen von Pietro Frua in Turin, der unter anderem Maserati zu seiner Kundschaft zählen durfte. Auf der IAA in Frankfurt präsentierte GLAS 1963 seinen ersten großen Wagen, den Typ 1700 mit viertüriger Frua-Karosserie und zugleich ein attraktives Sportcoupé mit einem Kleid vom selben Schneider, den Typ 1300 GT. 1964 gingen beide Wagen in Produktion und dem Sportwagen wurde bald eine stärkere 1700 ccm Variante zur Seite gestellt.

... und dann in die anspruchsvolle Luxusklasse

Doch damit nicht genug. Inspiriert durch die gute Zusammenarbeit mit den Italienern peilte man nun die Luxusklasse an und konstruierte einen V8-Motor mit 2,6 Litern für ein exklusives Sportcoupé. Vorgestellt wurde der Prototyp dieses GLAS 2600 V8 auf der IAA 1965. Schnell hatte der Volksmund für das rassige Auto den Namen „Glaserati" geprägt. Bei aller Euphorie hatte man bei GLAS jedoch außer acht gelassen, dass eine rentable Fertigung eines derart breiten Angebotes an hochwertigen Automobilen nur durch erhebliche Investitionen in Produktionsanlagen zu realisieren war und genau dazu war der Familienbetrieb nicht in der Lage.

Nachdem auch die Banken keine Finanzierungen in nötiger Höhe gewährten, wandte sich Hans Glas im Oktober 1965 an die Landesregierung in München. Eine Analyse zeigte schnell, dass die Hans Glas GmbH im Vergleich zu anderen, moderneren Autofabriken unrentabel fertigte. Zu viel Handarbeit wurde noch geleistet, denn dem eigenwilligen Seniorchef, der alle Finanzbewegungen der Firma akribisch in einem kleinen Büchlein notierte, das er stets bei sich trug, waren Anschaffungen neuer Maschinen stets schwer gefallen. Ein Darlehen des Freistaates half zunächst Engpässe zu überbrücken, doch die Suche nach einem starken Partner wurde für Hans Glas überlebenswichtig - man hatte sich schlichtweg übernommen.Hans Glas

Am 13.Dezember 1969 verstarb der Seniorchef Hans Glas im Alter von 79 Jahren. Er erlebte noch die Produktionseinstellung des Goggomobils, seinem Lebenswerk, welches seinen Namen trug, und welches bis dahin auf BMW Bändern lief. Er, das bayerische Urgestein, von dem unzählige Anekdoten überliefert sind und der stets sprach wie ihm der Schnabel gewachsen war, war ein Unternehmer alter Schule. Wegen seiner Spontanität, Direktheit und Energie wurde er bewundert und gefürchtet. Hans Glas hat ein wichtiges Kapitel deutscher Automobilgeschichte geschrieben.