Klassenrekorde in Serie

Die Faszination des Motorsports hatte bereits vor dem zweiten Weltkrieg viele Deutsche an die Rennstrecken getrieben, wo Auto Union sich mit Mercedes packende Duelle lieferte. Namen wie Nuvolari, Bernd Rosemeyer oder Rudolf Carraciola waren in aller Munde.
Dies hatte die Bevölkerung trotz der vielen Entbehrungen auch nach dem Krieg nicht vergessen. Kaum waren die nötigsten Anschaffungen getätigt, begannen die Leute sich wieder für den Rennsport zu interessieren. Im Jahr 1946 war das erste Nachkriegsrennen in der Nähe von Freiburg. Viele Eigenbauten wurden in dieser Zeit konzipiert und gingen an den Start. Oft wurden auch Vorkriegswagen umgebaut. So entstanden beispielsweise die legendären Veritas Rennwagen, die aus alten BMW 328 Sportwagen umgebaut wurden.

Das Gros der Bevölkerung konnte sich jedoch solche sportlichen Ambitionen nicht leisten. Deshalb war der Motorradrennsport weit verbreitet. Aus ihm gingen hervorragende Automobilrennfahrer hervor.
Die deutsche Automobilindustrie beschäftigte sich zu der Zeit mit der Entwicklung von Kleinwagen, die der aufstrebenden Generation den Umstieg vom Motorrad zum Auto ermöglichten.
Im Motorsport wurden für diese Fahrzeuge die Klassen bis 400, 500 und 700 ccm gebildet. Somit waren auch für die kleinen Fahrzeuge aussichtsreiche Vergleichskämpfe möglich. Die einzelnen Hubraumklassen wurden in den Jahren jedoch mehrfach geändert.
Das Goggomobil war in Österreich bereits im Jahr 1955 durch seine sensationellen Sporterfolge bekannt geworden. Der Goggomobil Generalvertreter aus Wien Maximilian Königer erkannte sofort für das Land mit den vielen Kurvenstraßen und steilen Bergpässen die besondere Steigfähigkeit und gute Straßenlage des Goggomobils. In Österreich lässt sich ein Fahrzeug nur dann verkaufen, wenn es vorher bei den berühmten und schweren österreichischen Langstreckenwettbewerben im schwersten Hochgebirge bewiesen hat, was es kann. Königer schickte einige Fahrer mit dem robusten Gefährt in die Alpen zur Tauernringfahrt, die Berge- und Seenfahrt und zur Alpenfahrt. Zuerst mit Ing. Hermann Bauer, später zusätzlich mit Stefan Pavesic und Ing. Leopold Wolf traten die Fahrer mit ihren Goggomobilen bei jedem größeren Wettbewerb in der Klasse der Tourenwagen bis 500 ccm an. Die Konkurrenz erkannte die Gefahr und schickte die besten Fahrer ins Rennen. Doch die Goggomobile gewannen alles und stellten einen Klassenrekord nach dem anderen auf. Von April bis August 1955 fuhren sie bei 11 großen Bergrennen nur Gold-, Silber- und selten Bronzemedaillen ein.
Auf Grund dieser enormen Fahrleistungen setzte der Veranstalter der Alpenfahrt 1956 die Höchstfahrzeiten für die Bergprüfungen so weit hinauf, dass viele an weiteren Erfolgen für die kleinen Fahrzeuge zweifelten. Aber die Goggomobilfahrer nahmen die Herausforderung an. Es starteten vier Fahrzeuge mit den Fahrern Ing. Bauer, Pavesic, Weißkirchner und Loisl Wiener. Über 25 Hochalpenpässe mussten überwunden werden. Die bekanntesten waren Großglockner, Hohentauern-Pass, Steirischer Seeberg, Gaberl Pass, Klippitz Thörl, Pfaffensattel und Niederalp. Die Fahrer erwarteten Steigungen von 18 bis 29 %. Die Turracher Höhe hat als steilster Alpenpass gar 32 %. Mit ihren 300ccm erreichten sie alle die vorgeschriebene Durchschnittsgeschwindigkeiten und konnten bergab im Powerslide viel Zeit gut machen. So wunderte es nicht, dass stärkste Sportwagen kaum mit den wendigen Goggomobilen Schritt halten konnten.
Von 47 gestarteten Fahrzeugen kamen nur 22 ans Ziel, 10 davon strafpunktfrei. Drei Goldmedaillen von diesen 10 fielen an die Goggomobilfahrer, zusätzlich zwei silberne Edelweiß für zwei Bergprüfungen für Pavesic und Wiener.
1480 Kilometer haben sie pannenfrei überstanden und waren die erfolgreichste Automobilmarke.
Loisl Wiener kam vom Motorradsport und versuchte es erstmals 1955 auf vier Rädern mit dem Goggomobil. Als Beifahrer begleitete ihn seine Frau Antoine. Das sympathische Ehepaar aus Linz war auf Anhieb sehr erfolgreich.
Den österreichischen Alpenrosenpokal 1956 für die sechs internationalen Bergprüfungen erhielt Loisl Wiener. Den zweiten Platz, die silberne Alpenrose, errang mit seinem 300er Goggomobil Karl Jungmayer aus Geiselhöring.
Viele Medaillen und Sonderpreise errang Loisl Wiener mit seiner Frau in den Österreichischen Alpen, die er wie seine Westentasche kannte. Später stieg er auf die größeren GLAS Fahrzeuge um, bis er bei einem tragischen Unfall Mitte der sechziger Jahre ums Leben kam.
Karl Jungmayer fuhr bereits seit 1950 Rennen auf DKW Motorrädern. 1951 bestellte Hans Glas ihn zum Vertragshändler und er begann mit dem Verkauf von Goggorollern. Nach Produktionsstart des Goggomobils 1955 verabschiedete er sich vom Rennsport auf zwei Rädern und stieg auf das Goggomobil um. Er war bekannt als verwegener Draufgänger und war zwischen 1950 und 1960 einer der besten deutschen Sport- und Rallyefahrer. In der Versuchsabteilung des GLAS-Werkes hat er mit Walter Reisinger seinen Beifahrer gefunden, der mit ihm zusammen von Erfolg zu Erfolg raste.
Auf der XIII. ADAC- Wintersternfahrt von Bad Neuenahr nach Garmisch-Partenkirchen waren in dem bitterkalten Winter vier Goggomobile am Start und kamen nach 1.500 km und 30stündiger Fahrt fast ohne Pause in Garmisch-Partenkirchen an. Auf der Strecke, bei der es viele Ausfälle gab, haben sie reihenweise viel stärkere Touren- und Sportwagen überholt. Diese waren bei dem eisigen Wetter gehalten langsam zu fahren, damit ihre Wagen nicht im Graben landeten.
Das machte den vier Goggomobilfahrern (dem Nürnberger Robert Stamminger, Karl Jungmayer, Helmut Rentschler und der Dame im Team Madelaine Jay) überhaupt nichts aus und sie kamen strafpunktfrei an.
Bei der am nächsten Tag stattfindenden Bergprüfung auf der verschneiten und vereisten Eibseestraße fuhr Karl Jungmayer die schnellste Zeit seiner Klasse. Wesentlich hubraumstärkere Fahrzeug waren nur wenige Sekunden schneller.
Anschließend wurden die Fahrzeuge abgestellt und am nächsten morgen galt es nach Minus 26 Grad den Motor so schnell wie möglich anzulassen und 10 Meter zu fahren. Von 81 teilnehmenden Wagen brauchten 32 mehr als drei Minuten bzw. mussten angeschleppt werden. Stamminger benötigte 37,4 und Karl Jungmayer 45,6 Sekunden. Bei der dritten Sonderprüfung, Slalom auf dem Eis des Eibsees, gewann die Klasse Rentschler vor Jungmayer. Bei der Gesamtwertung kam es, dass Jungmayer wie auch Stamminger die Goldplakette für den Klassensieg erhielten, Madelaine Jay bekam die Bronzeplakette.
Die guten Rennerfolge sind auch dem GLAS  Werk nicht entgangen. Da man aber allzeit mit dem Rotstift rechnen musste, wollte man sich nicht mit Werkswagen am Rennsport beteiligen. Ende 1956 distanzierte man sich in der Kundenzeitschrift „Goggomobil" davon, werkseigene Wettbewerbsfahrzeuge einzusetzen, da man den Kunden keine Konkurrenz machen wollte. So nutzte man die Erfolge und konnte dies gut zu kostenlosen Werbezwecken einsetzen. Man verwies immer wieder auf die Robustheit, Zuverlässigkeit und Wendigkeit der Fahrzeuge. Besonders die Bergfreudigkeit wurde immer wieder erwähnt.
Dies hat auch Karl Jungmayer erkannt und er tummelte sich mit Walter Reisinger fortan in den österreichischen Alpen. Seine Lieblingsstrecke war die Bergprüfung am Großglockner. Bei einer Nacht-Etappe bei der Internationalen Alpenfahrt 1958 hatten sie ein besonderes Erlebnis. Sie streiften bei dichtem Nebel einen Felsen und der Wagen ließ sich nicht mehr lenken. Kurzerhand riss Jungmayer das Führungsblech ab und sein Beifahrer musste im Fußraum hockend, mit den Fäusten die Lenkung halten. Mit einem Scheinwerfer ging es hinauf zur Edelweiß-Spitze, dann hinab nach Heiligenblut. Bei der steilen Abfahrt wollten sie immer Zeit mit ihrer 400er Limousine gut zu machen und versuchten selbst in den engsten Kurven andere Fahrzeuge zu überholen. Bergauf konnte Reisinger die Lenkung gut halten, bergab war es mit Schwierigkeiten verbunden. In einer Kurve passierte es dann: das Goggomobil stand plötzlich völlig quer. Bremsen war unmöglich und Gasgeben nutzte nichts mehr.
Links war ein 300 m steiler Abhang - die Rettung war ein Begrenzungsstein, der bei dem Aufprall abgebrochen ist. Das Goggomobil hing mit den Vorderrädern über dem Abgrund. Erst kroch Walter Reisinger auf die Rücksitzbank, dann stieg Karl Jungmayer vorsichtig aus dem Wagen. Sie zogen das Fahrzeug gemeinsam auf die sichere Straße und konnten gerade noch eine Silbermedaille erringen. Am nächsten Tag besichtigten sie noch einmal die Unglücksstelle. Der Betonpfosten lag 300 m tiefer und beide sind blass zurückgekehrt. Zwischenzeitlich wurde aus Wien eine neue Lenkung angefordert. Sie erreichte das Team mitten bei der nächsten Wertungsprüfung. Jungmayer und Reisinger fuhren kurz vor der Thuracher Höhe rechts raus. Das Goggomobil wurde auf einen Stein gehoben. Während Walter Reisinger die Lenkung einbaute eilte Karl Jungmayer zur nächsten Zeitkontrolle und holte sich vorab den Stempel mit dem Kommentar „ I kimm gleich". Dann ging es weiter mit Volldampf.
1958 errangen Loisl Wiener und Erich Werunsky den österreichischen Alpenrosenpokal und Karl Jungmayer erhielt die silberne Alpenrose. Außerdem hatte Loisl Wiener bereits drei Mal die Tauern-Ring-Fahrt gewonnen und erhielt als höchste Stufe den „Tauern-Ring in Gold mit Brillianten". Zudem wurde er mit seinem Goggomobil 400 österreichischer Staatsmeister in der Tourenwagenklasse bis 500 ccm. Karl Jungmayer erhielt den Pokal des Verkehrsministers für den besten ausländischen Fahrer.
Die Vielzahl der Pokale, Gold- und Silbermedaillen die alle erfolgreichen Privatfahrer in Österreich erhalten haben könnten einige Seiten füllen.
In Deutschland fand am 11. Mai 1958 die erste Rossfeld-Bergwertungsfahrt statt. Auf der erst einige Jahre vorher erbauten Bergstrecke wurden 66 Fahrzeuge aller Kategorien auf die 6 km lange Route geschickt, die Steigungen zwischen 8 und 12 % aufweist. Erwartungsgemäß erwiesen die Goggomobile wieder ihre hervorragende Bergtüchtigkeit. Besonders bestechend war die Fahrweise von Karl Jungmayer, der mit seinem Goggomobil T400 mit 6.46.3 Minuten den Klassensieg bis 500 ccm einfuhr. Er ließ den neuen Steyr-Puch hinter sich und war schneller als die Fahrzeuge der 750 ccm-Klasse. Er fuhr einen Durchschnitt von 53 km/h. Der Vergleich mit Hans Stuck auf einem BMW 507 mit einem Durchschnitt von 80 km/h für diesen starken Sportwagen kann sich durchaus sehen lassen.
Aber nicht nur in den Bergen, sondern auch auf der Rundstrecke traten Karl Jungmayer und Walter Reisinger an. Der 7,2 km lange Hockenreimring diente 1959 als zweiter Austragungsort des 12-Stunden-Rennen für Kleinwagen. Neben dem normalen Rennen, bei dem maschinelle Mängel schnell zu Tage kamen, war auch eine Verbrauchsprüfung angesetzt. 30 Fahrzeuge in den Klassen bis 400, 500 und 700 ccm brausten um 5 Uhr morgens mit fliegendem Start los. Das Team Jungmayer/ Reisinger siegte mit dem Goggo Coupé 400 in seiner Klasse mit 160 Runden nach 1.238 km und einem Durchschnitt von 104,7 km/h. Mit einer Rekordrunde von 107 km/h waren sie schneller als die nächsthöhere Klasse.

Aber nicht nur in den Alpen waren die Goggomobile im Rennsport vertreten. Auch in vielen anderen Regionen waren die kleinen wendigen Fahrzeuge erfolgreich. So gewann der Luxemburger GLAS Händler René Schmitz mit seinem Beifahrer Jos Galet auf Goggomobil 300 bei der Luxemburgrundfahrt über 800 km von 1956 bis 1959 jeweils den ersten Platz der Klasse bis 750 ccm.
Die Rennfahrerei war zu dieser Zeit noch eine harte Männersache. Es gab in diesen Klassen keine Sicherheitsvorschriften. Wenn man die Bilder betrachtet sieht man die Fahrer meist in ihrer Straßenkleidung. Einen Schutzhelm oder Überrollbügel waren noch nicht üblich. Geschweige denn feuerfeste Unterwäsche. Nur manchmal sieht man, wahrscheinlich aus praktischen Gründen, die Fahrer mit einem Overall. Karl Jungmayer versicherte, dass die Motoren immer dem Serienzustand entsprachen. Versuche mit befreundeten Spezialisten, die Fahrzeuge schneller zu machen, schlugen meist fehl und die Wagen wurden langsamer. Lediglich die Einlasskanäle wurden poliert.
Die Fahrzeuge wurden überwiegend auf eigener Achse zu den Rennen gefahren. Für Anhänger gab es kein Geld. Die Fahrer hatten kaum Werksunterstützung und fuhren „aus Spaß an der Freud". Karl Jungmayer konstruierte sich Ende der fünfziger Jahre eine Spezialvorrichtung an seinen Mercedes, mit der er seine Goggomobile auf einer Achse schleppen konnte. Er erzählt, dass er einmal mit Walter Reisinger im Winter bei Eis und Schnee mit dem Tandemgespann einen Berg nicht hoch kamen. Kurzerhand stieg Walter Reisinger in das Goggomobil und ließ den Wagen an. Mit dem zusätzlichen Antrieb haben sie den Berg erklommen. Vorbeikommende Passanten staunten nicht schlecht und sagten sofort: „ Du schau einmal her, da schiebt ein Goggo einen Mercedes den Berg hinauf!"
Ende der fünfziger Jahre wurde es langsam ruhiger um die Goggomobile im Rennsport. Das große Goggomobil, der später in Isar umbenannt wurde, hatte 1957 sein Debüt auf der IAA. Die Produktion lief 1958 an und viele Rennfahrer stiegen bald auf das hubraumstärkere Modell um oder beendeten ihre Rennfahrerkarriere. So hörte auch Karl Jungmayer 1960 auf und kümmerte sich um seinen ständig wachsenden Automobilbetrieb.

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